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Wahlen und Parteien in Frankreich.
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Wahlen und Parteien in Frankreich. Zg<>

die Achtung vor der Wahrheit und die eigne Würde." Fcrrh hat sich durch den Mißerfolg in der radikalen Großstadt an der Rhone bestimmen lassen, seine Wahlreise, die zunächst nach Grenoble gehen sollte, nicht fortzusetzen und sich nach St. Die in den Vogesen, seiner Heimat, zurückzuziehen. Es heißt, er halte seine Wiederwahl in Frankreich für zweifelhaft und wolle in Algerien als Kan­didat cmftretcn. Auch andre Größen der Partei, Spuller z. V., Rane, Waldcck- Nousseau, Allain-Targe und Martin Feuille, sollen keineswegs sicher sein, ihre bisherigen Sitze iu der nächsten Kammer wieder einzunehmen, nud die vier ersten haben in der That nicht die geringste Aussicht, in den Pariser Bezirken, die sie bis vor kurzem vertraten, wiedergewählt zu werden.

Die Franzosen werden nach neuer Methode wählen: statt wie wir, die Engländer und sie selbst bis zur letzten Wahl einzelne Abgeordnete, von jetzt an ganze Gruppen, so, daß der einzelne Wähler für eine ihm vorgelegte Liste von Kandidaten stimmt (dasListenskrntinium"). Das Ergebnis dieses Verfahrens wird darin bestehen, daß die Mehrheit in jedem Departement alle Abgeordneten für diesen Teil Frankreichs wählen und die Minderheit ganz unvertreten sein wird. Die Uubilliglcit dieses Planes tritt am deutlichsten im Departement der Seine zutage, welches achtuuddreißig Deputirte in die Kammer sendet. Es schließt eine beträchtliche Anzahl von Konservativen und nicht wenige gemäßigte Republikaner ein, aber die äußerste Linke gebietet hier über die große Mehrzahl der Wähler und wird ihre Liste durchsetzen, sodaß im künftigen französischen Unterhause nicht ein einziger Abgeordneter sitzen wird, welcher den Reichtum, die Bildung und die gereifte Erfahrung von Paris und seinen Vororten ver­tritt. An der Spitze jener Liste wird Clemeneeau stehen, sie wird den Namen Nochcsorts, des Journalisten, der statt mit Tinte mit Blausäure uud Vitriol schreibt, den Kommunarden Joffrin und Leute ähnlichen Kalibers, aber niemand aus der Schule Gmubcttas aufweisen, auch Rane nicht, weil derselbe zwar einmal für die Kommune aufgetreten, seitdem aber klüger geworden und unter die Opportunisten gegangen ist. So hält Paris an seiner alten unpraktischen Politik fest, die ihm immer das jeweilige Regiment zu hasseu und zu bekämpfen gebietet. Während der Julimonarchie und dem Kaiserreiche sagte man der Welt, Paris wäre unzufrieden, weil es Könige nnd Kaiser verabscheue. Man hätte darnach erwarten sollen, die große Stadt, die nach Viktor Hugo das Herz der Welt uud ein Wunder an Intelligenz ist, werde eine Regierung, die aus dem freien Willen des französischen Volkes hervorging und aller republikanischen Tugend teilhaftig war, mit Beifall begrüßen uud mit Lorbern bekränzen. Statt dessen fand die Republik mit ihren Präsidenten und Ministern so wenig Gnade in den Augen der Kapitale als früher die Monarchie. Napoleon der Dritte brachte es einmal fertig, daß in den kommerziellen und aristokratischen Vierteln der Stadt einige Kaiserlichgesinnte aus der Wahlurne hervorgingen, aber die Re­publik, wie sie jetzt ist, wird von allen Pariser Wahlbezirken verschmäht und