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Ungehaltene Ferienrede.
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Ungehaltene Ferienrede.

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Was sie von Windthorst dächten. Da zog ein alter Jäger ein sehr verdrießliches Gesicht und sagte:Uijeh! kohlrabenschwarz." Wie sich später herausstellte, hatte er den Namen Windthorst als einen vornehmen, städtischen Alisdruck für ihr Windloch oder den Wctterwinkel genommen, aus dem in der That drohendes Gewölk aufstieg. Zum Glück blieb es bei der Drvhuug. Unter solchen Ver­hältnissen hohe Politik vorzutragen, ist eine zu schwere Sache.

Natürlich hatte ich Windthorst-Meppeu gemeint, uicht den gewesenen Windt- Horst-Bielefeld, denn von lctzterm wußten uoch ganz andre Leute, als meine Jäger und Holzknechte im Gebirge, nichts mehr, weun er sich uicht auf eine so glänzende Weise in Erinnerung gebracht hätte. Aber nun darf er nicht wieder in Vergessenheit geraten, und das ist einer von den Gründen, aus denen ich das Wort ergreife. Sein Sprnch,Richter stehe ihm iu der innern Politik wenigstens hundertmal höher als Bismarck," wird ja bleiben, wird noch späte Generationen erfreuen. Aber wie bald kümmert mau sich nicht mehr um den Autor eines solchen Kernspruches! Besonders bei nns, wo eine übertriebene Be­scheidenheit große Männer nicht nur abhält, sich ihrer großen Worte zu rühmen, sonder» sie mitunter gar veranlaßt, dieselben abzuleugnen oder durch künstliche Interpretation zu entwerten. Denken wir nur anFort mit Bismarck!", Schnapspolitik" u. a. m. Wenn aber die Thaten vieler großen Mäuner nur in großen Worten bestehen und sie selbst diese nicht anerkennen wollein wie soll die Nachwelt einen richtigen Begriff von ihrer Größe bekommen? Also ver­gessen wir, das herrliche Wort unserm Zitatenschatz einverleibend, auch den Autor nicht, welcher sich so schön mit dem sonst verfeindeten Namensvetter zu­sammengefunden hat.

Diekleine Exzellenz" erführt wieder einmal schreienden Undank. Alle Welt spricht davon, daß Herr Windthorst-Meppen der Ratgeber undBrief­steller" des Herzogs von Cumbcrland gewesen sei, aber niemand erkennt den ungeheuern Dienst an, welchen er dem Vaterlande geleistet hat. Gewiß war die rechtzeitige Produktion des Schriftstückes ein gelungner Schachzug; doch hätte der Brief prvduzirt werden können, wäre er nicht geschrieben wordeu? Nun scheu Sie! Der Meister war derjenige, welcher seiueu Schüler in dieser Art doppelter Buchführung nud Korrespondenz unterwies, da er hierin das sicherste Mittel erkciuute, Brauuschwcig und Deutschland vor einem solchen Fürsten zu bewahren. Hätte der arme Herzog durch Aufrichtigkeit und Füg­samkeit sich den Weg auf deu Thron geöffnet, würde er nicht Windthorst zum Premierminister, vielleicht zum Generalissimus gemacht haben? Dann hätte dieser, mit seineu sonstigeu schwarzeu Schacireu die schwarzen Husaren vereinigend, so­fort nach Berlin aufbrechen, den Kaiserthron umstürzen, Bismarck als Gefangnen nach Brauschweig bringen können wenn er nämlich wäre, wofür seine Neider ihn ausgeben. Er verzichtete freiwillig auf die Gewalt, er verzichtete auf die Revanche, er machte den Herzog unmöglich alles für das Reich! Und nun wird man hoffentlich seine ganze Politik verstehen lernen. Gemalt hat die ultra­montane Opposition nicht zn unterdrücken vermocht. Doch wer sie zu unsinniger Halsstarrigkeit aufstachelt, der zersplittert, untergräbt, diskreditirt sie alles für Kaiser und Reich!

Ehren-Vrannschweiger, das ist das geringste Geschenk, welches das dank­bare Land seinem Netter darbringen kann. Das Reich aber schuldet ihm ein Nationaldenkmal, etwa aus Braunschweiger Pfefferkuchen; hat er erst das Zen­trum gesprengt, so kann ja noch ein solideres Postament hinzugefügt werden.