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Reisebriefe aus Italien vom Jahre 1882 : aus dem Nachlasse :
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Neiscbriefe aus Italien vom Jahre 5(332.

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relicf geschnitzten Figuren der Sternbilder geschmückt. Ueber dem Katheder ein Baldachin, welcher durch zwei der eigentümlichsten Atlanten gestützt wird. Es sind dies nämlich zwei der Haut entkleidete anatomische Figuren in Holz, die so richtig und so detaillirt dargestellt sind, daß der Professor an ihnen demonstriren konnte. Unter dem Katheder eine zweite Empore, auf welcher die Prioren der vier Nationen zur Erhaltung der Ordnung ihren Platz hatten. Mit Ehrfurcht bestieg ich das Katheder, auf welchem zuletzt kein geringerer als Galvani gestanden. Auch manche Frau hat hier gelehrt, wie wir später auf dem Kirchhofe lasen.

Die übrigeu Hörsäle, jetzt Büchersäle, sind mit Wappen dekorirt, oben an den Wänden findet sich wohl ein Kreis mit dcu Medaillouköpfen berühmter Lehrer. So sah ich Jrncrius, deu Begründer dieser Hochschule, neben Gratianus. In einem Raum stand die Büste des vielsprachigen Mezzvfauti, dessen Grab wir zu San Onofrio in Rom gesehen. In dein Gebäude befand und befindet sich eine eigne Kapelle mit einem Altargemälde von Calvacrt und Fresken von dem Bologneser Cesi, vorzüglich erhalten. Wir trennten uns nur schwer von diesem eigentümlichen und würdigen Gebäude. Die Lcmonia. Äoocms trat hier in aller ihrer Pracht hervor. Die Hörsäle der neuen Universität, deren ich einige besichtigte, sind im wesentlichen wie die unsrigcn eingerichtet. Studenten schwirrten ab und zu, das Semester begann. Die jungen Leute machten einen guten Eindruck.

Das Nusoo eivioo, im Archiginnasio vorzüglich aufgestellt, cuthält Altertümer aus der Stadt und Umgebung von allen Perioden. Namentlich die etrurische ist sehr reich vertreten in vorzüglichen Vasen und Bronzen. Mau hat hier auch gnuze Gräber mit den Skeletten ausgehoben nnd die eingelegten Gegenstände an ihrer Stelle ge­lassen. Es zeigt sich, daß wie es scheint, zu gleicher Zeit das Erdbegräbnis nnd die Feuerbestattung üblich waren. Die Asche der Toten wurde in bronzenen, rinnenartigen Kisten gesammelt.

Nachmittags zum Camposanto, dessen Mittelpunkt eine alte Certosa bildet.

Es stellte sich wieder ein neues System der Friedhofsanlage dar. Ursprüng­lich hat man in den die großen Höfe umgebenden Arkaden bestattet; dann sind ge­deckte Galerien nud Korridors, hie und da drcischiffige, gebaut, in denen die Denk­mäler an den Seiten stehen. Diese Anlage machte von allen, die wir gesehen, den feierlichsten und würdigsten Eindruck. Auch wird das Publikum nicht ohne weiteres zugelassen, sondern man hat sich für den Eintritt zu melden. Infolge dessen ist es hier still und einsam, und dies hat vorteilhaft auf die plastische Kunst eingewirkt, die uicht so um die Gunst der Menge buhlt wie auf früher gesehenen Fricdhöfcn. Die Denkmäler sind bescheidner, ernster, wahrer in der Empfindung. Hervorheben möchte ich eins von Canova, auf welchem die Ewigkeit als verschleierte Figur dargestellt ist, eine virtuose Arbeit, die doch zugleich viel Gefühl zeigt. Tief ergreifend ist ein ganz modernes Denkmal der Familie Minghetti (des Ministers oder seines Sohnes), welche drei Kinder an der Diphthcritis verlor. Diese Kinder sind dargestellt, das kleinste schlafend, die beiden andern das Geschwister bewachend, der Knabe voll Todesahnung. Das Denkmal Mnrats, der übrigens nicht hier bestattet liegt, ein wenig theatralisch, wie er im Leben war; es ist ihm von seiner Tochter gesetzt, einer Principessa Pepoli. Das Hans der Pcpoli war hier einst das herrschende. Manche Allegorien finden sich: der Glaube, die Hoffnung. Auch die Verzweiflung ist, nur zu wahr, dargestellt.

Inmitten der großen Anlagen findet sich eine Rotunde, in welcher an der Wand die Büsten der hervorragendsten Persönlichkeiten aufgestellt werden (nach Munizipnlbcschluß). Wir bemerkten Rossini, Galvani, einen weiblichen Professor