2<Z4 Ein politischer Dichter und Zeitungsschreiber des achtzehnten Jahrhunderts.
und sentimentalische Dichtung schrieb, sehr hart über Klopstockschc Poesie; für das volkstümliche Element in der Lyrik fehlte ihm Verständnis oder doch Sympathie, er würde ganz gewiß nicht in Goethes freudige Bewunderung für des Knaben Wu ndcrhorn mit eingestimmt haben. Wie hätte er nun für Schnbarts Poesien lobende Worte finden sollen? Das beste, was Schubart als Dichter geleistet hat und was auf uns gekommen ist — denn sehr vieles, z. V. seine sämtlichen dramatischen Arbeiten, sind ja verloren gegangen —, klingt an das Volkslied an; nur iu der „Fürstengruft," die er auf dem Hohcnasperg schrieb, als Herzog Karl Engen wieder einmal wortbrüchig ihm die versprochue Freilassung verweigerte, und iu dem Gedichte „Frischliu" hat er auch als Klop- stockiancr die Vorzüge seiner volkstümlichen Dichtuugsweisc beibehalten. Der „Hymnns" und der „Obelisk" auf Friedrich den Großen sind, so wichtig sie für Schubart selbst waren und uus als historische Dokumente erscheinen müssen, doch vom rein ästhetischen Standpunkte aus betrachtet weuig lobenswert, ja völlig mißglückt zu nennen.
Der Lyriker Schubart verdient mehr Beachtung als er bisher gefunden hat, schon aus dem Grunde, weil wir an ihm eine Erscheinung gewahren, die uns an die Zeiten der mittelalterlichen Dichtung gemahnt. Der lyrische Wortdichter ist zugleich Tondichter. Wie es bei den Meister- und Minnesängern und noch später im Volkslicde Negcl war, so entstehen auch bei Schubart sehr oft Wort uud Weise zugleich. Das war z. B. bei seinem berühmtesten Gedichte, dem „Kaplicdc" (Ans auf, ihr Brüder, uud seid stark), der Fall. Wie Text und Melodie hier gleichzeitig entstand, so ist anch dem ersten Drucke (Stuttgart 1787) die Musik gleich beigcgcbeu. Aber auch sonst kam der Musiker Schubart dein Dichter Schubart zu Hilfe. Improvisator wie er durchweg war — die Dichtnugcu, nn denen er lange arbeitete und feilte, sind die am wenigsten gelungnen —, hat er am Klavier sitzend zugleich Text und Melodie erfunden. Natürlich mußten seine Gedichte dadurch eiuen bcdentcndcn Vorzug erhalten. Goethe äußerte sich Zelter gegenüber (10. Januar 1824 und 21. Dezember 1809): „Ich setze voraus, daß dem Dichter eine Melodie vorschwebt" und „Jedes Lied soll erst durch Komposition vollständig werden."
Des Dichters Sohn und Biograph, Ludwig Schubart, teilte die Ansicht seines Vaters, daß dieser zum Epiker geboren gewesen sei; er bedauert, daß die beiden projcktirten Epen „Satans Wiederkehr" und „Der Verlorne Sohn" nicht zur Ausführung gelaugt seien. Uns zeigt schon die an Stelle eines ebenfalls geplanten Epos getretene lyrische Rhapsodie „Der ewige Jude," daß Schubart »och viel weniger als Klopstock episches Talent besessen hat. Ein paar novellistische Erzählungen, deren eine in der Folge einem Eleven der hohen Karlsschule den Stoff zu seiner Tragödie „Die Nänbcr" liefern sollte, sind Schubart erträglich geraten; mit dem Versuche eines Romans quälte er sich zu vcrschicdnen Zeiten vergeblich nb. Wir dürfen freilich bei einer Betrachtung Schubarts nie ver-