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Der iiordamerikainschc Farmer und der deutsche Landwirt.
Volke anhaften, in absehbarer Zeit der Erbe unsrer Kultur sein. Es läßt sich mit seiner Arbeit schlechterdings nicht kvukurriren; er hat da, wo man ihn eine Zeit lang gewähren ließ, in Kalifornien, einen staunenswerten Besitz erobert, nnd er würde sicher auf dem amerikanischen Kontinent eine kommerzielle Macht ersten Ranges geworden sein, wenn man ihn nicht durch eine segensreiche Gc- waltmaßrcgel vom amerikanischen Boden — vorläufig — ferngehalten hätte.
Der Farmer, der heute noch konkurrenzfähig ist, ist dem Chinesen in manchen Stücken nicht unähnlich. Die deutschen Wiseonsin-Banern, die, meist ans Niederdeutschland nnd der Mark stammend, ihre heimische Zähigkeit und Frugalität und — sprechen wir es rnhig ans — ihre deutsche Banernknauserei hierhergebracht haben, sitzen vorläufig noch fest ans ihren Gütern. Sie leben wie in der Heimat, vornehmlich von Kartoffeln, verkaufen ihre Schweine, ihre Bntter und ihren Weizen nnd inachen Geld. Ebenso machen es dnrchschnittlich ihre Stammesbrüder im ganzen Westen, und mehr und mehr muß der anspruchsvollere un<> in der Kultur höherstehende amerikanische Farmer seinem Rivalen das Feld überlassen. Der Deutsche rückt Schritt vor Schritt, nicht bloß am Mississippi und Missouri, sondern uencrdings auch in den Nenenglandstaaten in den Besitz seines amerikanischen Vorgängers ein. der dort nicht mehr fortkommt, wo der Deutsche noch leidlich besteht. Aber es liegt ans der Hand, daß dieser Verlauf der Diuge nur solange fortdauern wird, als es unserm Landsmanue gelingt, sich auf seiner verhältnismäßig uiedrigen Kulturstufe und in seiner Bedürfnislosigkeit zu erhalten.
Auch vhuedics wird seine Existenz mehr und mehr gefährdet werden durch das Umsichgreifen jenes rein fabrikmäßigen Großbetriebes der Landwirtschaft, welchen man eigentlich garnicht mehr „Landwirtschaft" nennen kann. Es giebt keinen gefährlicheren Feind für die Gesnndung unsrer gesamten ländlichen Verhältnisse als jene Aktienfarmcn, und nehmen wir an — was sehr wahrscheinlich ist —, daß alles Kapital, welches von den gutmütigen Völkern zusammengeschwitzt wird, infolge eines nachgerade natürlich gcwordnen Prozesses sich immer wieder in wenigen großen Becken sammelt, so werden leider nnr allzu reichliche Mittel vorhanden sein, um auch deu Boden seiner eigentlichen Bestimmung ebenso vollständig zu entfremden, wie unsre heutige Industrie ihr schon längst entfremdet ist. Er wird dann nicht mehr bebaut werden, um ein vorhandenes Bedürfnis zu decken und möglichst viel Menschen zu ernähren und zu versorge», sondern lediglich, um für einzelne wenige unaufhörlich große Werte zu erzeugen, welche der Spekulation dienen. Alle Lente, welche wirklich Land bebauen, werden die Lohnarbeiter jener geworden sein; Lohnarbeiter, die, wie es auf den Aktienfarmcn üblich ist, zweimal des Jahres, znr Saat und zur Ernte, mit einer beliebigen Anzahl sinnreichster Maschinen sür wenige Wochen „aufs Feld geworfen" werden, um während der übrigen Zeit des Jahres, heimatlos, nach anderweitiger Arbeit umherzulungem. Das weite Land, auf