Alborta von puttkamer.
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Bald jubelud, bald in Thränen; einmal matt, Und dann so frisch, als käm' ein Frühlingssturm!
Dies Gedicht auf Chopin gehört zu den gelungensten der Dichterin. Es ist charakteristisch für sie, daß sie am glücklichsten in diesem Stück ist, welches die Stimmung des Salons, dem sie ein cmdresmal nichts gutes nachsagen kann, treffend wiederspiegelt.
Nun haben wir soviel von den Gedichten dieser Frau gesagt, haben sie als eine ebenso geistreiche als fein empfindsame Dame geschildert, als einen mit männlicher Energie hohen Idealen nachstrebenden Geist — und sie hätte die Liebe nicht? O doch! und es ist leicht vorauszusehen, daß in dieser feurigen Seele die Liebe eine ganz besonders entscheidende Rolle spielen muß. Wie man bei den Handlungen der Männer nach der französischen Regel fragen soll: 0ü sst, lg. töinmö? ebenso richtig scheint es uns, bei der Betrachtung weiblicher Schicksale nach dem Manne ihrer Leidenschaft, nach seinem Geist und seinem Charakter zu forschen, denn er ist es, der ihr Schicksal macht. Und die Bekenntnisse, welche Alberta von Puttkcimer von ihrer Ara.nclö xWsion in zahlreichen Gedichten ablegt, sind durchaus dazu geeignet, diesen Satz zu bestätigen; ja, kaum anderswo kann es so klar ersichtlich sein, wie entscheidend auf die ganze Art, die Welt anzuschauen, der Mann für das Weib werden mnß, welches ihm mit der ersten Glut eines jungfräulichen Herzens, mit den ungebrochenen Idealen eines unverdorbenen Gemütes entgegenkommt und die Verwirklichung derselben in ihm sucht. Unsre Dichterin hat sie nicht gefunden. Weißt du, fragt sie in dem „Elend" überschriebenen Gedichte:
Weißt du, was iu wachen Winternächten Mir wie Tvd durch mein Gehirn geschlichen, Daß, berührt von ungekanntcn Mächten, Alles Blühn zu Schatten hingcblichen?
Und warnm mir reiche Lcnzesstundcn, Dunkler Wetterdrang der Sommcrtage, Gleichen Maßes, gleichen Werts geschwunden? Ohne Jubcllaut und vhne Klage?
Weil ich Göttlichkeit in dir begehrte Und dvch nur cm kindisch Herz gefunden; Weil ich dich als Schmerz- und Glückgcfährte Lebenfordernd an mein Sein gebunden;
Und du dich mit plumpen Kindcrhiinden Aus dem Zauberlande lvsgerungen, Hast'gen Spiels, nicht mit der Lust zu enden, Dvch von jämmerlichem Trieb bezwungen.
In andern Gedichten wird uns der Charakter dieses Mannes, der sie so enttäuschte, ganz klar vor Augen gestellt, und wir begreifen, wie gerade dieser Frauenseele, die in sich selbst soviel Energie fühlt, ein Mann, dem die Zähigkeit des ausdauernden Wollens, die Treue der Gesinnung, das Festhalten des einmal Ergriffenen bei einer Fülle glänzender Eigenschaften mangelte, Eigenschaften, welche sie anfänglich berauschen und bestechen mußten, verhängnisvoll wurde. Es ist eine Byrvnsche Gestalt, welche sie in dem zehnten Gedichte aus dem Cyklus „An einen fahrenden Ritter" schildert, das wir diesmal ganz hersetzen müssen: