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Deutsches Uünstlorleben im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert.
Erst jetzt konnte er in die Malerzunft eintreten und hatte zu diesem Zwecke ein Meisterstück zu liefern, das den Meistern zur Begutachtung vorgelegt wurde. Die Anforderungen dabei waren in den einzelnen Städten verschieden. Besonders groß waren sie in Straßburg, wo der Aufzunehmende in Ölmalerei, in Leimfarbe und im Bemalen eines Schnitzwerkes seine Geschicklichkeit zu zeigen und demnach drei Meisterstücke zu liefern hatte. Nur den Söhnen und Schwiegersöhnen der Meister waren einige Erleichterungen gewährt. Wenn das Meisterstück genügte und die Eintrittsgebühr bezahlt war, wurde der Neuling in das Zunftbuch eingetragen: „Item es hat die Zunfft entfcmgen 5s. der moler uff suutag vor scmt michelsdag im .. .ten jar und hat geschworen der zunft vrdnung zu halten wie ein ander znnftbruder der Moler." So war der junge Meister jetzt eiu Glied in dem großen Handwerkcrverbnnde seiner Vaterstadt und gehörte mit den Glasern, Sattlern, Buchbindern, Formschneidern einem Zunft- verbcmde an.
Aber eine selbständige Thätigkeit durfte er noch nicht beginnen, bevor er verheiratet war. „Welcher in der bruderschaft meister werden wclde," lautete ein Hauptsatz der Zunftordnung, „der sal ein eliche hausfraw haben" oder wenigstens bei zehn Mark Strafe „binnen Jar und Tag ein Weib nehmen." So wurde fast jeder Künstler schon in jungen Jahren Ehemann. Gewöhnlich führte er eine Malertochter oder eine Malerwitwe heim, da er in diesem Falle, wie schon gesagt, mehrere Erleichterungen Vonseiten der Zunft zu erwarteu hatte. Michel Wohlgemuth heiratete 1473 die Witwe des Malers Hans Pleydenwurf, Bartholomäns Zeitblom 1483 die Tochter seines Lehrmeisters Schülein, und so konnte der junge Künstler gleich in dem Hause des frühern Ehegatten seiner Frau oder in dem des Schwiegervaters das Geschäft fortsetzen.
Die Aussichten, die sich ihm nun boten, waren sehr verschieden. Sein Thntigteitsgebiet war ein weites, da, dem Gebrauche des Mittelalters entsprechend, Kunst und Handwerk noch in inniger Verbindung waren. Er hatte nicht allein Gemälde auszuführen, sondern anzustreichen, was mit Farbe zu versehen war, Wände, Fußböden, Möbel, Fahnen und Särge. Seine künstlerische Thätigkeit war dafür umso beschränkter, da die Kunst damals noch ausschließlich im Dienste der Kirche stand. Die Höfe und der Adel waren verarmt; Bilder wnrden fast nur von Geistlichen oder wohlhabenden Bürgern bestellt, die durch die Stiftung einer Altartafel ein Vußgelübde erfüllen oder ein gutes Werk verrichten wollten.
Der Maler arbeitete daher nur auf Bestellung und erhielt für seine Darstellungen ein genaues Programm. Bei der Übernahme jedes größern Auftrages wurde ein Vertrag geschlossen, worin alle Einzelheiten des Kunstwerkes zwischen dem Besteller und dem ausführenden Künstler kontraktlich festgestellt wurden. Erhalten ist z. V. derjenige, der 1471 mit Michael Pacher wegen der Übernahme eines Altars in Bozen, 1481 mit dem Breslcmer Maler Nikolaus
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