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Notizen.
Wirkung weiter nicht, znmcil da die zuständigen Polizeibehörden in dieser Beziehung überall ihre Schuldigkeit thun,") in betreff der Sonntagsheiligung ist aber der Reichskanzler gebunden durch die kirchlichen Hoheitsrechte der Landesherren, welche sich iu deu Vcrfassungsstaateu zwar auf jedem auderu Gebiete der Gesetzgebung eine Einschränkung haben gefallen lassen, bis jetzt aber keineswegs auf dem Gebiete der kirchlichen Gesetzgebuug, bei welcher nicht einmal den ehemaligen „Landständen" irgendeine Mitwirkung zustand. Welches Gewicht z. B. die brandenburgisch-Prcußischcn Fürsten darauf legten, in Sachen der kirchlichen Gesetzgebung ihre vollständige Unabhängigkeit von weltlichen Einflüssen zu wahren, ergiebt sich nnter anderm daraus, daß es dem 1604 eingesetzten Geheimen Rate ausdrücklich verboten war, sich mit Angelegenheiten der Religion uud der Kirche zu befassen, weil der Kurfürst iu dieseu Angelegenheiten ausschließlich die Mitwirkung der kirchliche» Behörden in Anspruch nehmen wollte. Aehnlich wird es sich vermutlich auch in andern deutschen Ländern Verhalten, sodaß die Uebertragung dieser Angelegeuheiteu auf das Reich ohne einen ausdrücklichen Verzicht der Landesherren ans ihre durch die Geschichte und die Verfassungen sanktionirteu uud garantirten Rechte nicht einmal zulässig erscheint.
Hiernach würde es jedenfalls geratener gewesen sein, weuu sich die Bielefelder Pastoralkvnferenz, statt an den Reichskanzler, an die einzelnen Landesherren gewendet hätte, vielleicht wäre dann unter diesen eine Vereinbarung zustande gekommen, die im Interesse der einheitlichen Handhabung dieser bedeutsamen Angelegenheit allerdings wünschenswert wäre, deren Herbeiführung aber nicht zu den Pflichten des Reichskanzlers gehört.
Ein wichtiger Schritt auf diesem Gebiete ist bereits gethau im K 105, Abs. 2 der Neichsgewerbeordnung, bei welchem es sich um einen teilweisen Verzicht der vvrgedachten Art handelt, doch ist dies eben nur ein Schritt, und dazu ist die Vorschrift wegcu der Sountagsheiligung im Interesse der Industrie so sehr verklau- sulirt, daß dort für die vvrgedachteu Peteuten nur wenig gewonnen ist. Ob mau diese Schranken wieder vollständig fallen lassen, ob man auf diesem Wege, soweit der vierte Artikel der Reichsvcrfassuug dazu Raum läßt, fortschreiten wird, das wird ja die Zeit lehren; jedenfalls kann man es nur mit Dauk auerkeunen, wenn der Reichskanzler dem Andrängen der bei der Industrie, der Landwirtschaft und dem Handel direkt Nichtbeteiligten nicht ohne weiteres nachgiebt, sonderu zunächst erforscht, ob unser lediglich nnf seine Betriebsamkeit angewiesenes Volk ein striktes Arbeitsverbot ertragen kann, ohne in seinen materiellen Interessen empfindlich geschädigt zu werden. Wollte man in dieser Beziehung rücksichtslos vorgehen, so würde das der Kirche mehr schaden als nützen, denn das iu seiner Nahrung geschädigte Volk würde sich von der Kirche, welche sie für ihren Verlust verantwortlich machte, abwenden, und der Geist der Opposition gegen die weltliche und die kirchliche Autorität würde dadurch nur größergezogen werden. Das liegt nun einmal in deu Verhaltnisseu unsers deutschen Vaterlandes, welches sich in bezug auf Ergiebigkeit und Wohlstand mit andern Ländern, in denen die absolute Sonntagsheiligung obligatorisch ist, nicht vergleichen läßt. Karl Parey.
Die Polizei UM alliidings ihre Schuldigkeit, soweit es sich um die äußere Svnnwgs- ruhe handelt; sie hat jedoch nicht das Recht, in das Innere des Hanfes zu dringe». Daß aber der Arbeiter trotz der Bestimmung, daß niemand am Sonntag zur Arbeit gezwungen werden darf, sich dennoch in der Zwangslage befindet, arbeiten zu müssen, um nicht avgclohnt zu werden, wurde bereits neulich hervorgehoben. Hier ist also doch eine Einwirkung legis^ lntorischer Art denkbar. D. Ned.