Notizen.
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kunst bildete und wv Anber, Halevy, Herold, Berlioz, Meyerbeer, Rossini, Bcllini und Donizctti das Feld behaupteten, zeigte ihm ein erster Versuch, daß er nicht am rechten Platze sei. Die berühmte Malibran, mit der er iu Paris zusammentraf, gab ihm den rechten Fingerzeig, als sie ihn auf England als ein noch freies Eroberungsfeld hinwies, auf England, damals das Land der musikalischen Barbarei, wo man den „Barbier von Sevilla" ausgezischt hatte und den „Erlkönig" in Gestalt einer Quadrille spielte. Außer den Abonnenten der italienischen Oper nnd der Philharmonischen Konzerte gab es nur wenige Personen in London und in England überhanpt, die ein Verständnis und ein aufrichtiges Interesse für Musik zeigten. Klingemann, Mendelssohns Freund, giebt kein unrichtiges Bild von dem, was man zu jener Zeit „englische Oper" nannte, wenn er es als ein Bastarderzeugnis bezeichnet, welchem das Werk eines ausländischen Komponisten znm Gerippe diente, das man dann mit allerhand buuten Fastnachtsflittern, in Gestalt von populären Liedern für Primadonna und Tenor, zu behäugeu Pflegte. Dies war das Feld, auf dem Benedict im Jahre 1834 sein Arbeitszeit aufschlug, und auf dem er einundfünfzig Jahre lang, ohne Nuhe und Rast, mit unglaublicher Energie als Komponist, als Piauofortespielcr, als Lehrer und Dirigent gewirkt und geschaffen hat. Seine Hilfsquellen schienen unerschöpflich. Wenu man die Tageschronik der musikalischen Ereignisse der letzten fünfzig Jahre liest, so möchte man fast glauben, daß ein halbes Dutzend Benedicts zu gleicher Zeit in Thätigkeit gewesen seien: so wunderbar war seine Arbeitskraft. Das fünfzigste seiner Jahreskonzerte wurde im Juni 1884 gegeben. Mit unzähligen größern und kleinern Unternehmungen erscheint sein Name in engster Verbindung: die Oper unter Alfred Bunn und später unter Mapleson fand in ihm einen unermüdlichen nnd fähigen Dirigenten; die Nonä^y Z?vxular vonoort« verdanken ihm ihre Entstehung, und lange Zeit bildete er die eigentliche Seele derselben. Und wenn es heutzutage überhaupt eine des Namens werte englische Oper giebt, wenn der musikalische Geschmack der Engländer soweit gehoben ist, daß sich in London ein aufmerksames uud selbst begeistertes Auditorium sogar für Waguer finden läßt, so hat man das in erster Linie der fruchtbaren Thätigkeit uud dem Takte Julius Benedicts, dessen Fnßtapfen Männer wie Balfe, Wallaee, Costa und Sterndale Bcnnctt folgten, wesentlich zu verdanke». So ist es natürlich, daß man sich daran gewöhnt hatte, auf Benedict als den eigentliche» Repräsentanten des musikalischen Englands zu blicken; und mit den Virtuosen, Sängern und Komponisten, welche innerhalb des letzten halben Jahrhunderts in England Berühmtheit erlangt haben, von der Malibran nnd Grisi bis zur Patti uud Albani, von Spohr bis zu Joachim und Sarasate, von Mendelssohn bis zu Dvotak stand Julius Benedict in mehr oder weniger intimen Beziehungen. Vielen jungen Künstlern, die nach London kamen, um ihr Glück zu versuchen, war er ein Führer und Freund, stets liebenswürdig nnd hilfreich, und immer bereit, aufkeimendes Talent zu Pflegen und zur Entfaltung zu bringen: nichts lag seiner Seele ferner als Eifersucht im Wirkungskreise seines Berufs.
Als Komponist hat er sich in allen Zweigen der Tonkunst von der Etüde bis zur Symphonie, vom einfachen Liede bis zur Kantate, znm Oratorium und zur Oper versucht, ohne indes in irgendeiner Richtung etwas wirklich Großes und Geniales zu leisten. Als seine besten Werke darf man die beliebte Oper „Die Lilie von Killarncy" und das große Oratorium „St. Peter" bezeichnen. Benedict zählte sich, wie schon angedeutet, keiner besondern Schule zu, und man konnte ihn häufig mit gleicher Begeisterung von den Tagen der alten italienischen Oper wie von der Zukunftsmusik (? D. Red.) redeu hören. In seinen Werken tritt also anch keine stark