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Notizen.
lungen" nb. Gegen eine möglichst strenge Kontrolc wird sich kein Beamter sträuben, jeder Beamte, welchem es mit Erfüllung seiner Berufspflichten Ernst ist, wird dieselbe sogar wünschen müssen, und so begehrt auch mein Aufsatz nicht dereu Beseitigung, sondern er erörtert nur, von wem und in welcher Weise dieselbe geführt werden solle. Die Frage ist: Soll diese Kontrole von Behörden geführt werden, welchen spezieller Sachverhalt beiwohnt, oder nur nach allgemeinen juristische» Grundsätzen? soll der als Vertreter der Obrigkeit Handelude Polizeibeamte gezwungen sein, darzulegen, daß er rechtmäßig gehandelt habe, oder soll nach der allgemeinen Rechtsregel: Huisquis xr»v8uwiwr bonns die Rechtmäßigkeit seiner Handlungen vermutet uud dem Gegner der Beweis der Unrechtmäßigkeit auferlegt werden? soll es endlich den Polizeibehörden überlassen sein, ihre Rechte uud Interessen vor den Gerichten selbst zu vertreten, oder sollen sie mit gebunduen Häuden der Vertretung der Staatsanwaltschaft unterworfen sein? Da Parey selbst zugiebt, daß in meinem Anfsatzc viel Beachtenswertes sei, so darf ich mich der Hoffnung hingeben, daß sich alle, welche mit den angeregten Fragen im Leben zu thun haben, sich der Prüfung derselben ernstlich und praktisch unterziehen; es wird sich dann schon bald ein Resultat entwickeln, welches der Stellung der Polizeibehörden nur günstig sein kann, denn der jetzige Zustand ist unerträglich und unhaltbar.
Otto Gerland.
Julius Beuedict. Mit Julius Benedict, der in vergangener Woche (5. Juni) in dem hohen Alter von 81 Jähren sanft entschlafen ist, ist eins der hervorragendsten Glieder aus der Kette von Künstlern dahingeschieden, welche die Neuzeit mit der großen klassischen Aera verbinden, ein Mann, der als Knabe die Anleitung Hummels genoß, der ein Schüler und Freund Karl Maria von Webers war und der sich der persönlichen Bekanntschaft Beethovens erfreute.
Benedict, der 1804 in Stuttgart das Licht der Welt erblickte, war gleich dem ihm befreundeten Mendelssohn der Sohn eines jüdischen Bankiers. Als Webers „Freischütz" im Jahre 1821 in Berlin aufgeführt wurde — so erzählt Baron Max Maria von Weber, der Sohn des Komponisten —, befanden sich nnter der zahlreichen und begeisterten Zuhörerschaft auch der 17jährige Julius Beuedict, Webers Lieblingsschülcr, Heinrich Heine, der um vier Jahre ältere Vetter Beucdicts, und Felix Mendelssohn, der fünf Jahre nach ihm geboren war und leider schon 38 Jahre vor ihm starb. Benedict, Heine und Mendelssohn saßen dicht beieinander, und während die beide» erstem nur enthusiastisch cipplaudirten, begnügte sich der letztere, der Knabe von zwölf Jahren, uicht mit begeistertem Händeklatschen, sondern „er schrie und jauchzte vor Entzücken."
Im Jahre 1824 finden wir den begabten jungen Benedict, auf Webers Empfehlung, schon an einem Wiener Theater als Dirigenten von Opernvorstellungen engngirt, lind anderthalb Jahre später sehen wir ihn in gleicher Stellung an dem berühmten San Carlo-Theater in Neapel. In diese Zeit fallen seine ersten Opern- kompositionen. Oi^cinta. oä M-nssto erfreute sich zwar im ganzen einer günstigen Aufnahme, indes erschien dem allgemeinen italienischen Publikum, das damals nur für Rossini schwärmte, Bcnedicts Musik infolge der starken Beimischung von Weberscher Romantik als „zu deutsch," während umgekehrt seiue im Jahre 1330 in Stuttgart aufgeführte Oper I l?oi'toAl>osi in Kos. den deutschen Geschmack als „zu italienisch" nicht ansprechen wollte. Benedict sah ein, daß er mit seiner gemischten Kompositionsart weder in Italien noch in Deutschland ein eignes Wirkungsfeld finden würde. Ju Paris, welches zu jener Zeit den Sammelpunkt für die Heroen der Ton-