384
Literatur.
Spcmann") bedarf keiner Rechtfertigung, und ebensowenig die Veranstaltung einer neuen Ausgabe dieser Reden an und für sich. Mit Recht macht der Heransgeber die Bedeutung gerade dieser frühesten Periode in Bismarcks staatsmännischem Wirken geltend, über welche iu den vorausgegangenen Sammlungen ziemlich rasch hinweggegangen wird. In der That tritt uns bereits in den beiden Sitzungsperioden des Vereinigten Landtages, im Erfnrtcr Univnsparlament und in den Kammern von 1349—1852 der Politiker entgegen, welcher nachher die Welt mit seinem Ruhm erfüllen sollte. Die Gruudauschauuugen sind dieselben, im einzelnen hat er von und mit der Zeit gelernt, und auch darüber war er sich damals schon klar, daß das eigensinnige Beharren auf einmal ausgesprochener Meinung nicht den Staatsmann mache. Wenn er seine Klinge krenzt mit den Beckerath, Vinckc u. s. w., so, zeigt er bereits dieselbe Ueberlegenheit, als wenn er heute den Freisinn abführt; und wer seine damaligen Redeu liest, kann unmöglich behaupten, seine Wirtschaftspolitik beruhe nicht auf alten, festen Ueberzeugungen. Mit Vergnügen wird man auch so manche Aeußerung, die — meistens verfälscht — zum geflügelten Worte geworden ist, hier in authentischer Fassung und im richtigen Zusammenhange finden. Da überdies die Ausgabe wohlfeil ist und gut lesbare» Druck hat, darf mau ihr die weiteste Verbreitung wüuschen. Vor eiuer zweiten Austage müßte jedoch der Text genan revidirt werden, da in denselben, wahrscheinlich aus dcu stenographischen Berichten, zahlreiche Druckfehler übergegangen sind. Wir wollen nur einige der auffallendsten hervorheben. S. 22, Z. 14. v. u. Schlußlinie anstatt Schußlinie. S. 33, Z. » v. u. Ihre anstatt ihre. S. 43, Z. 8 v. u. noch anstatt nach. S. 47, Z. 14 v. n. Anfertigung anstatt Ausfertigung. S. 74, Z. 9 v. v. Die anstatt Dies. S. 80, Z. 10 v. o. Bewilligungen anstatt Bedingungen. S. 87, Z. 0 v. v. musz es heißen: „iu irgend einer Weise ihre Lage zu verbessern," da die jetzige Fassung keinen Sinn giebt. S. 107, Z. 20 v. v. einzelne anstatt einzelner :e. :c.
Nachgelassene Novellen von Wolfgang Menzel. Erster Band. Thalweil, Als.
Brcnnwald, 1885.
Ein nicht uninteressantes Büchlein. Von wirklicher poetischer Kunst kann zwar dabei nicht die Rede sein; dennoch hat der Herausgeber, Kourad Menzel, der Sohn Wolfgangs, Recht, wenn er in der knrzen Vorrede bemerkt, daß sich „der einst vielgelesene, vielverehrte und viclgefürchtete Historiker und Kritiker" hier in einem ganz neuen Lichte zeige. „Ein tiefes Gemüt spricht aus den Novellen. Sensation werden sie nicht hervorrufen, wie soviele auf Effekt uud Sinnenreiz berechnete Erscheinungen ans dem Gebiete der Belletristik in unsrer aufgeregten Zeit. Aber gesunde Nahrung bieteu sie einem Leserkreise, der die alte gute und fromme Gesinnung und Sitte ehrt gegenüber der sittlichen Verwilderung, die iu sovielen Produkten der neueren Literatur verherrlicht wird." Ob freilich die Verherrlichung höchst unwahrer somnambüler Zustände, wie wir sie in der zweiten und dritten Novelle: „Der Schiffsbrand" und „Der Wald von Chanmvnt" finden, viel gesünder ist, mag dahingestellt bleiben. Aber wir geben zu, daß diese mehr märcheuhaft idyllischen Geschichten eine angenehme Lektüre für die Jugeud sein können: den Preis treuer Liebe, selbstloser Thätigkeit hört sie immer noch nm liebsten.
Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grnnow in Leipzig. Verlag von Fr. Wilh. Grnnow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig-