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Die afghanische Episode.
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Die^afghanische Episode.

ine Episode und nichts andres war es, was in voriger Woche mit der von Gladstone im Parlament verkündigten Verstän­digung zwischen Rußland sein vorläufiges Eudc erreichte, eine Episode in dem weltgeschichtlichen Vorgänge, den die Historiker der Zukunft als Einleitung oder Vorspiel des Kampfes um den Besitz Indiens bezeichnen werden. Einige Zeit sah es an der afghanischen Grenze zwischen Margab nnd Herirud recht triib und beängstigend für den Freund des Weltfriedens aus, trüber vielleicht, als es in Wirklichkeit war. Jetzt giebt es wieder blauen Himmel für die Zeitungen nnd Börsen, die beide viel vom Scheine und der momentanen Gestaltung der Dinge leben. Das Wesen der Sache hat sich durch den Zwischenfall in keiner Weise verändert. Es hat sich nnr noch einmal wiederholt, was schon oft dagewesen ist: Rußland hat auf seinem Wege nach Süden Halt gemacht, ist aber keinen Schritt zurückgetreten, und wird weiter vorgehe», sobald günstige Umstände dies erlauben; England hat nachgegeben, es hat gute Miene zum bösen Spiele gemacht, es hat bekommen, was man ihm bis ans weiteres bot, nicht, was es anfänglich beanspruchte.

Nach der Darstellung der englischen Blätter hatten die Russen durch einen Spezialabgeordneten, den Ingenieur Lessart, iu London hinsichtlich der zu ver­einbarenden nvrdwcstlichen Grenze Afghanistans unerfüllbare Forderungen stellen lassen, und zu gleicher Zeit hatten russische Truppeu von Pnukten und Ge­bieten Besitz ergriffen, welche zu Afghanistan gehörten. Sie befanden sich, so berichteten diese Zeitnngen weiter, offenbar auf einem Marsche, dessen Ziel die Einnahme Hcrats, desSchlüssels von Indien," war. Der britische General Lumsden, welcher die Absteckung der Grenzlinie zwischen Rußland und dein

Grenzboten I. 1385. 82