Die Stellung der Polizei im Strafverfahren.
Jede von einer unteren Instanz erlassene Polizeivervrdnnng kann jedoch von Amtswegeu von der höheren Instanz, welcher dieselbe deshalb sofort nach Erlaß vorzulegen ist, aufgehoben werden.
Man sollte also denken, daß die sämtlichen Beteiligten über die Notwendigkeit nnd Gesetzlichkeit einer solchen Anordnnng einig seien, und diese Anordnung deshalb auch Allspruch auf Anerkennung nnd Befolgung finden müsse. Dem ist aber nicht so; das Schöffengericht, vor welches ein auf Grnnd einer solchen Polizei- Verordnung zur Anklage gebrachter Straffall kommt, kann sie einfach außer Kraft setzen, indem es sie im Widerspruch mit den Gesetzen oder den Verordnungen einer höhern Instanz findet. Daß das Gericht, wie auch nach Z 106 der preußischen Verfassungsurkunde vorgeschrieben ist, die formelle Giltigkcit einer Polizeivcrordnung zu prüfen hat, versteht sich natürlich von selbst, da von einer Polizeivervrdnnug nur die Rede sein kann, wenn der fragliche Erlaß in den dafür vorgeschriebenen Formen erlassen ist. Die Prüfung aber, ob die Verordnung auch materiell neben der bestehenden Gesetzgebung zulässig sei, sollte doch füglich der gesetzgebenden Gewalt, also in diesem Falle den zum Erlaß der Polizeivervrdnungen delegirten Polizeibehörden und deren vorgesetzten Behörden überlassen bleiben. Will man aber neben der jetzt schon bestehenden Verpflichtung der höhern Instanz, die Polizeiverordnungen der niedern Instanz von Amtswegen zu prüfen, noch eine richterliche Prüfung haben, so übertrage man ^>iesc doch wenigstens dem Verwaltungsgerichte, den Kreis- und Bezirksausschüssen für die von den Lokalbehördcn, dem Oberverwaltnngsgericht für die von den Landespvlizcibchörden erlassenen Polizeiverordnnngen. Jetzt prüft der Amtsrichter mit zwei Schöffen die Polizeiverordnungen des Ministers oder Obcr- präsidcnten, und man bedenke, daß die Strafrechtspflege der Amtsgerichte regelmäßig einem der jüngsten Nichter übertragen wird, dem jedenfalls keine längere Lebenserfahrung zur Seite steht, während die Schöffen möglichenfalls nicht ohne Interesse daran sind, ob ihnen eine solche Polizeiverordnung aufgelegt wird oder nicht. Nach dem hier gemachten Vorschlage würden Behörden entscheiden, welche mit der höhern Instanz der Polizeibehörde in Verbindung stehen, oder, wo dies einem Regierungspräsidenten, einem Oberpräsidentcn oder dem Minister gegenüber nicht mehr angeht, die durch langjährige Praxis mit den Erscheinungen des staatlichen Lebens vertrauten Mitglieder des Obcrverwaltungs- gerichts, in alleil Instanzen aber wird neben dem juristischen auch das polizeiliche Interesse bei der Entscheidung zur Geltling kommen, da die Verwaltungsgerichte aus Juristen und Verwaltungsbeamten gemischt sind.
Doch wir siild am Ende dieser Betrachtungen. Ich denke, ich habe gezeigt, wie die Polizei nichtvcrstandener Grundsätze halber in eine Stellung gebracht worden ist, welche ihr nicht die Möglichkeit giebt, ihre Thätigkeit frei zu entfalten und dadurch die für sie so notwendige, auf das Vertrauen der Bevölkerung gestützte Autorität zu erlangen, welche sie aber täglich in Lagen versetzt, aus