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Die Stellung der Polizei im Strafverfahren.
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Die Stellung der Polizei im Strafverfahren.

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nicht ohne Einfluß gewesen sein mögen. Trotzdem hat man diese Erfahrungen für maßgebend gehalten und das braunschweigische System bei der neuen Ge­setzgebung zu gründe gelegt. Jetzt ist der Staatsanwaltdas Haupt der ge­richtlichen Polizei," selbstder Beginn der Ermittlungen" hängtlediglich von der Entschließung des Staatsanwalts ab."*) Man sah zwar ein, daß man unmöglich die ganze Polizei unter die Staatsanwaltschaft stelle» tonne, und kam daher auf die Idee, einzelne (von den Landesregierungen der einzelnen Bundesstnatcu näher zu bezeichnende) Polizeibeamte fürHilfsbeamte der Staats­anwaltschaft" zu erklären, neben ihrer dienstlichen Unterordnung unter die Polizei direkt der Staatsanwaltschaft unterzuordnen und mit gewissen der Staats­anwaltschaft vorbehalteneu Befugnissen im Gegensatz zu den übrigen Polizei­beamten auszustatten. Daß die gleichzeitige Unterordnung dieser Beamten unter Behörden verschiedener Verwaltungszweige Übelstände mit sich bringen könne und deshalb begründeten Bedenken unterliege, entgeht derBegründung" nicht, allein sie tröstet sich damit, daß sich solche Übclstcindeda, wo die gerichtliche Polizei schon jetzt der Staatsanwaltschaft untergeordnet ist, nicht gezeigt haben." Daß dies nur die Erfahrungen Braunschweigs sind, welche mitzumachen die übrigen deutschen Staaten nicht für zweckmäßig gehalten hatten, ist bereits dargelegt.

Und diese Staaten handelten richtig, denn, wenn man den jetzigen Zustand genauer betrachtet, so ergeben sich formell und materiell schwere Unzuträglich­keiten. Die ersteren betreffen freilich nur die Polizei, und die Justizgesetzgebung ist ja im einseitigen Interesse der Justiz entworfen, also insofern folgerecht; so­bald man aber die Polizei auch als ein der Justizverwaltung ebenbürtiges Glied der Staatsverwaltung ansehen will, wird man finden, daß das jetzt ge­schaffene Verhältnis anch formell etwas ganz unfertiges ist. Dies mögen einige Beispiele zeigen, welche leicht vermehrt werden könnten.

Geht eine Anzeige wegen einer Gesetzesübertretung bei der Polizei, also doch beim Vorstände der betreffenden Polizeibehörde ein, so hat dieser wegen der ihm nach ß 161 der Strafprozeßordnung obliegenden Verpflichtung, straf­bare Handlungen zu erforschen oder durch seine Orgaue erforschen zu lassen, in allen Sachen, die keinen Aufschub gestatten, auf Gruud der crgangenen An­zeige Ermittlungen alizuordnen. Ergiebt sich nun im Verlaufe derselben, daß eine Durchsuchung oder Beschlagnahme nötig ist, so ist er selbst und sein beauf­tragter Untergebener, wenn dieser nicht gleichzeitig einer der doch schon allein aus Mangel an Zeit nicht überall zu verwendendenHilfsbeamten" ist, plötzlich unzuständig, diese beiden Handlungen kann ja nur der Hilfsbeamte vornehmen, und da dieser in seiner Eigenschaft als Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft nur der letzteren, nicht dem Vorstande der Polizeiverwaltung untergeben ist, so

*) Schwarze, Kommentar zur Strafprozeßordnung. Leipzig, 1874. S. 301, Anmerk. 3 Grenzboten I. 1836. 42