England und Rußland in Asten. 277
gegenwärtig einnimmt, erscheint Ssobvlcff als sichere Bcisis für ein derartiges Unternehmen, „Hütten wir, so behauptet er weiter, in Mittelasien schon 1853 auch nur die Stellung eingenommen, die wir 1874 inne hatten, so würden wir keinen Krimkrieg erlebt haben oder wenigstens keinen solchen wie damals, sondern einen Krieg mit Österreich statt einen mit Frankreich. Wir wissen, daß Lord Beaconsfield 1876, vor dem letzten russisch-türkischen Feldznge, eine Koalition zwischen England, Indien, Afghanistau und Persien anstrebte, die ihre Spitze gegen Rußland kehren sollte. Eines der Hauptziele dieser Allianz bildete die Errichtung eines großen russenfeindlichen Reiches in Turkestan. Ein Kriegs- Plau war bis in die Einzelheiten entworfen. England wollte 30 000 britische Soldaten an das Schwarze Meer, 15000 nebst 45000 indischen Sipoys nach Bagdad senden, nnd 100 000 türkische Irreguläre, sowie 95 000 Kurden sollten unter englischen Offizieren in Russisch-Armenien einbrechen. Indes wurde dies alles dadurch vereitelt, daß der Emir der Afghanen seinen Beitritt zur Allianz verweigerte und sich auf Nußlands Seite stellte."
Dieser Artikel machte sowohl iu England als in Frankreich viel Aufsehen, da man wußte, daß die Presse in Rußland nur mit höherer Erlaubnis über solche und ähnliche Dinge spricht, und da man zu wissen meinte, die Ssoboleff- schen Gebauten seien sogar inspirirt. Wir glauben nicht an diese Vermutung, obwohl Ssoboleff eine hcillvffizielle Stellung einnehmen soll, obwohl er die russische Politik am Hose von Bulgarien eine Zeit lang vertrat, und obwohl Alsakoff, der Herausgeber des „Nussj" zu den Männern gezählt wird, die sich beim Kaiser Alexander besonder-: Vertrauens erfreuen. Doch wollen wir einiges von den Äußerungen mitteilen, welche die MxrchÜMö Nranyiüss infolge dieses Aufsatzes hinsichtlich der englischen Politik der letzten Jahre thut. Das Blatt verurteilt die freundschaftliche Haltung Gladstones den Russen gegenüber und zeiht den britischen Premier grober Unvorsichtigkeit, weil er Afghanistan geräumt und Kandcchar aufgegebeu habe. Es heißt da: „Im Austausche für solche bedeutende Zugeständnisse meinte Herr Gladstvne auf die Versicherungen der Frau von Novikoff, dieser panslavistischen Egeria hin, die in der Bildung der Meinung über Rußland bei den englischen Liberalen eine so hervorragende Rolle gespielt hat, auf eine gleich versöhnliche und friedfertige Haltung seitens des Kabinets von St. Petersburg rechneu zu dürfen. Es ist allerdings gestattet, zu glauben, daß Herr von Giers, dessen Politik auf die Erhaltung und Befestigung des Friedens zwischen den Westmcichtcn gegründet ist, seinerseits sich ehrenhalber verpflichtet gefühlt habe, die Annäherungen des britischen Kabinets in demselben Geiste zu erwiedern, in welchem sie gemacht worden >varen, und an die Stelle der eifersüchtigen Wachsamkeit, welche zwischen Rußland und England in Mittelasien herrscht, ein gegenseitiges Einvernehmen treten ö» lassen, das im Einklänge mit den wahren Interessen beider Länder stehen würde. Allein es giebt zu gleicher Zeit etwas, was stärker ist als der ent-