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Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Preußen.
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6o ^istiivo einen Anbau (HWwent iwuoxs) erhalten mit der Inschrift auf der Fahne (clrkPgM): ^U8tiv6 g,äministrativv.

Das zeigt nicht gerade von hoher Ehrfurcht vor einer staatlichen Ein­richtung, aber das Urteil ist vollkommen gerecht, dem, die französische Ver­waltungsgerichtsbarkeit ist eine Mißgeburt, und alle Versuche, derselbe» eiue schöue Gestalt zu geben, sind gescheitert. Wären viele heutige Franzosen nicht von dem Irrwahn befangen, daß ihre Verwaltuugsgcrichtsbarkeit als eine Er­rungenschaft der Revolution gepflegt werden müsse, so würden sie sich von ihrem Landsmnnn Tvqueville belehren lassen und würden längst auf den ursprüng­lichen natürlichen Standpunkt zurückgekehrt sein und dem ordentlichen Richter auch die Rechtsprechung in Sachen des öffentlichen Rechtes wieder übertragen haben, denn es steht einer solchen Rückkehr in Frankreichs nichts entgegen.

Vollständig abweichend von der Entstehungsgeschichte der Verwaltungs­gerichtsbarkeit in Frankreich ist diejenige der ähnlichen Einrichtungen in Deutsch­land, insbesondre in Brandenburg-Preußen,

Hier lag, wie dies auch Tvqueville ausdrücklich erwähnt, gar keiue Ver­anlassung vor, den ordentlichen Nichter seiner Zuständigkeiten zu beraubeu, denn schon die Manischen Markgrafen sahen die Nichter ebenso an wie alle übrigen Beamten, deren Einsetzung uud Absetzung vollständig dein Beliebe» des Landesherr» überlassen war.*) Erst später, als die im öffentlichen Rechte vor­herrschende privatrechtliche Anschauung zur Veräußerlichkeit und Vererblichkeit der Staatsämter und insbesondre des Nichteramtes führte, wurde der reine Beamtenstaat untergraben, um einer sich langsam, aber sicher entwickelnden, auf dem ständischeu Prinzip beruhenden Staatsverfassnng Platz zu machen. Allein die Erinnerung an die ehemalige verfassungsmäßig und geschichtlich begründete unumschränkte Macht der Landesherren blieb doch lebendig, und dies erklärt jene erbitterten Kämpfe zwischen den Vertretern des ständischen und des mon­archischen Prinzips, welchen erst mit der Errichtung der stehenden Heere ein Ende gemacht wurde. Der alte, auf rein monarchischer Grundlage beruhende Veamtenstaat wurde wiederhergestellt, uud damit das ursprünglich geltende öffent­liche Recht. Das letztere hatte aber während der laugen ständischen Herrschaft eine auf Gewohnheitsrecht beruhende Gestalt angenommen, während das Privat­recht unter dem Einflüsse des römischen Rechtes zn einer von dem öffentlichen Rechte abgesonderten Wissenschaft geworden war. Der fortdauernden Anwendung des reiuen Privatrechtes durch die angestellten Nichter stand auch kein Hindernis entgegen, dagegen stellten sich bei der Anwendung des neuentstandeuen öffent­lichen Rechtes bald erhebliche Schwierigkeiten heraus, weil die auf ständische» Anschauungen beruhenden Gewohnheitsrechte mit den Grundsätzen der wieder erstarkten Monarchie nicht mehr in Einklang zu bringen waren. Die auf

Vcrgl. Cvnrad Bornhak, Geschichte deS prechischeil VmvaltuügsrechteS. Berlin, 1334.