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Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Preußen.
Es giebt darüber ein kleines, merkwürdiges Buch/') in welchem auf echt französische Weise Anleitung zu geben versucht wird, wie ein guter Vater es anfangen müsse, um seinen Sohn schon in der Jugend zum Politiker zu erziehen. Zu diesem Zwecke sollen ihm vor allem die richtigen Begriffe über Gesetz und Recht beigebracht werden, und dabei kommt denn auch die Unterhaltung (das Ganze ist in die Form eines Gespräches zwischen Vater und Sohn eingekleidet) auf die tribrmMX g.ällrini8trg,tM, welche dem zwölfjährigen Jungen deshalb auffallend vorkommen, weil doch nach den ihm bereits beigebrachten Grundbegriffen zufolge der Teilung der Gewalten die Gerichte allein die Gesetze anzuwenden hätten, mithin ausschließlich mit dieser Anwendung (iMUivMoir) zu betrauen seien. Darauf antwortet der Vater: „So wie du, denken in dieser Beziehung viele, und ich wage auch nicht zu behaupten, daß dieser Gedanke ein unrichtiger sei. Allein in Frankreich haben wir eine Verwaltungsjustiz, man überträgt eben der Verwaltung die Entscheidung der Fragen, welche die Verwaltung interessiren." Als hierauf der naseweise Junge antwortet, das komme ihm so vor, als ob er von dem Garten seines Bruders ein Stück Land amiektircn und den infolge dessen entstandenen Zwist allein entscheiden wollte, bemerkt der Vater: „Dein Urteil über die Verwaltungsjustiz ist zu strenge! Denn du urteilst in dem angeführten Falle in eigner Sache, wogegen unsre Verwaltungsbehörden doch uneigennütziger (xtus closurtorLSLös) und unparteiischer (plus iinMrt,ig,ri.x) sind sder Komparativ ist bezeichnend!j. Mit einem Worte, wenn man der richterlichen Gewalt die Rechtsprechung in Vcrwaltungsangelegenheiteu übertragen hätte, würden da die Gerichte nicht geneigt sein, in diejenigen Rechte Eingriffe zu thun, welche der Verwaltung ausschließlich vorbehalten werden müssen?" — „Woran erkennt man denn aber — lautet die Gegenfrage —, daß eine Sache zur Verwaltungsjustiz gehört?" Antwort: „Ja das sind delikate Kompetenzfragen, über welche sich die Tribunale zuweilen täuschen. Man hat sogar zur Entscheidung dieser Fragen einen obersten Gerichtshof eingesetzt, das ist das trilmng,! clss oonWs, welches aus Staatsräten und Kafsationsgerichts- räten zusammengesetzt ist. Im nächsten Jahre wollen wir das einmal näher betrachten, du wirst dcmn sehen, daß die Präfckten und die Minister gleichzeitig Verwaltnngsrichter sind, daß der Staatsrat in Verwältungsangclegenhcitcn eine Art von Kassationshof darstellt, vor welchen die Rekurse wegen Unzuständigkeit oder Übergriffe (öxe,ö8 äv xouvoir) gebracht werden. Ich werde dir dann auch sagen, was man unter der Rolle des Rechnungshofes versteht." — „Na, ich sehe es schon kommen — unterbricht ihn der Junge —, da wird wohl mein schönes
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