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Die Regierung und die Anarchisten in Frankreich.
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ist, wir haben durchaus uicht die feste Überzeugung, daß die jetzt im Amte be­findlichen Herren in nächster Woche nvch am Ruder fitzen werden." Diese Fnrcht vor stetem Wechsel der Regierung erinnert an den Gefängniswärter, der Rochefort bat, ihm eine Dekoration zn verschaffen,Aber ich bin ja im Ge­fängnisse, lieber Mann," erwiederte der Pamphletist.Jawohl, mein Herr, sagte der Schließer lächelnd, aber ich meine bei der nächsten Revolution." So zünden die Franzosen dem Satan und zu gleicher Zeit der heiligen Jungfrau eiue Kerze an; denn man mnß sich den Rücken decken, da niemand weiß, was der nächste Tag bringen kann.

Wir furchten, daß diese Schwäche der französischen Regierung vvu Dauer sein und nvch viel Unheil reifen lassen wird. Die demokratische Regierungs- form scheint sie zu fordern. Sie verlangt Duldung auch der gefährlichsten Meinnngsänßernngen. Wendet sie Gewalt an, so geht sie leicht in die Brüche. Als Bonaparte die Sektionen von Paris niederkartütschte, war die Monarchie bereits im Auzuge, und als Cavaignae 1848 die Anarchisten erdrückte, war bald darauf die Bahu für das Kaiserreich geöffuet. Der republikanische General lMte nur dem bvnapartistischen Staatsstreiche vorgearbeitet. Er war der Retter der Gesellschaft vor dem kommunistischen Chaos gewesen, aber die Gesellschaft hatte daran nicht genug, sie wollte bleibende Rettung, und so kehrte sie dahin znrück, wo diese allein zn finden ist, zur Monarchie. Umgab sich diese mit einigen demokratischen Einrichtungen, so war es nur Dekoration.

So fährt das Schiff der frauzösischen Republik immer näher ans die Stelle zu, wo Seylla uud Charhbdis sie bedrohen. Von der einen Seite die Anarchie der Roten, von der andern die Monarchie in irgend welcher Form, herbeige­sehnt von denen, welche Stetigkeit, Festigkeit und Sicherheit wünschen, dazwischen eine Partei unklarer und unentschlossener Politiker, die unter sich nicht einig sind, wo Gambetta mit aller Macht intrignirt nnd Clemeneeau von Woche zu Woche mehr Boden erobert, das ist das Bild dieser Republik, der wir gern eine bessere Zuknnft gönnten als die, welche ihr bevorzustehen scheint. Nicht der schönen Augen der Franzosen wegen, sondern in uuscrm eignen Interesse. Denn die Metamorphosen, die leicht aufeinanderfolgen können, nennen sich Anarchie, Säbelregimeut und Monarchie, und die letztere bedeutet Befähigung zn einem Bündnisse mit Rußland, das gegen niemand anders gerichtet sein würde als gegeu uns.

^rmzbotm IV. 1888.

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