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läufig" zur Bestreitung ihrer „kleineren" Auslagen 80 000 — sage achtzig Tansend! — Gnlden zur Verfügung gestellt haben. Die Angeklagten sind sämmtlich arm, die Kosten der Verteidigung rühren also uicht von ihnen her. Und 80 000 Gulden zu „kleinen" Auslagen? Wie hoch mag da schließlich das Honorar sein? Und woher kommt es?
Die Untersuchung ist gegenwärtig ins Stocken geraten. Der erste in der Sache aufgetretene Vertreter der Staatsanwaltschaft, Michael Bot, erschoß sich, als der Oberstaatsanwalt nach Nyiregyhaza kam; der zweite, von Nagy, mußte versetzt werden, weil er die Schritte des Untersuchungsrichters zu hemmen suchte und Konflikte entstanden, unter denen die Untersuchung litt; der dritte, Emerich vou Havas, ist soeben in Disziplinaruutersuchung gekommen, weil er am 19. September den Justizwachmann Josef Knrcmesai, angeblich ans eine Beschwerde des Mitangeklagten Anselm Vogel, „bewogen" hatte, zu Protokoll auszusagen, daß der Untersuchungsrichter bei der Einbringung des verhafteten Anselm (vulAv Antschel) Vogel sehr aufgeregt gewesen sei uud denselben bei seinem Eintreten mit einem Folianten über die Nase geschlagen habe. Der Verteidiger, Dr. Eötvös, hatte nämlich in einer Eingabe an das Ministerium, wie die „Deutsche Reform" in ihrer Nummer vom 3. Oktober berichtet, von einer Mißhandlung und Folterung der gefangenen Juden gesprochen, worauf die Vernehmnng des namentlich aufgeführten Juden Anselm Vogel erfolgte. In diesem Verhöre gab Vogel an, der Jnstizwachmaun Knrcmesai sei Zeuge seiner Folterung gewesen. Vor dem mit der Verhörung Karanesais betrauten Richter, von Megyery, aber erklärte derselbe, die Angaben des Antschel Vogel seien nnwahr. Da erschien e»n andern Tage abends um neun Uhr der Unterstaatsanwalt von Havas in Begleitung des Substitnten Szervnyi in dem Gefängnishanse uud beschicd deu Wachmann vor sich, um ihm Vorwürfe zu macheu, daß er die Aussagen Vogels uicht bestätigt habe. Mit der Drohung, daß Karancsai sonst sofort aus dem Dienste werde entlassen werden, nötigte ihn nun von Havas, ein von Szercmyi aufgenommenes Protokoll zu unterschreiben, worin er feine erste vor dem Richter von Megyery gemachte Aussage zurücknahm und zugab, daß die Angaben Vogels wahr ^'ien. Hierauf zwang ihn der Staatsanwalt, sich am nächsten Tage bei dem königlichen Richter von Megyery zn melden, nm seine erste bei demselben geinachte Aussage zurückzunehmeil. Als er dies aber nicht that und darüber durch von Havas zur Nede gesetzt sich damit entschuldigte, daß er wegen des Gcfangenendienstes nicht gekonnt habe, gab ihm von Hnvas sofort vier Stunden Urlaub zu dem fraglichen Zwecke. Der Wachmann erzählte nun unter Thränen vor dem Richter von Megyery ^u ganzen Hergang und gab schließlich zn Protokoll, daß er vor dem Staats- "nwalte, der auf ihn gemachten Pression nachgebend, falsch ausgesagt habe, und uersicherte abermals, Antschel Vogel habe gelogen, da sowohl der Untersnchuugs- ruchter als auch der Sicherheitskvmmissar die Gefangenen stets human behandelt hätten. Er habe sich vor dem Stnatsanwalt gefürchtet, da dieser ihm gedroht