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Der Konflikt in Norwegen.
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versität erklärt, sondern in früheren Jahre» auch von der Majorität des Stor- things anerkannt worden. Wenn also jetzt ein großer Teil der norwegischen Volks- Vertreter, darunter Sverdrnp, der Präsident des Storthings, das königliche Veto auch in Verfass»»gssnche» als ein blos; abschiebendes betrachtet wissen will, so verleugnen sie ihre frühere Auffassung nnd zwar aus demokratischer Herrsch­sucht, in der Absicht, sich thatsächlich in den alleinigen Besitz der höchsten Staats­gewalt zu setzen. Wenn der Monarch das Grundgesetz nicht einseitig abändern kann, wohl aber die Volksvertretung, so herrscht faktisch das Volk durch seine Vertreter, oder so herrschen, richtiger, die Parteien, welche die Majorität bilden, oder noch richtiger, die Führer der letzteren allein, nnd der König ist in inneren Angelegenheiten so gut wie ganz überflüssig. Er ist höchstens noch der Minister der Storthingsmehrheit, die wieder nnr die Ansichten nnd den Willen der Herren Sverdrup und Genossen vertritt.

Die radikale Mehrheit der Nvlksrepräsentation ist aber in ihren Bestrebungen nach Alleinherrschaft noch weiter gegangen. In der Session von 1880 machte sie sich daran, auch die oberste richterliche Gewalt für ihre Zwecke zurecht zu stutzen, um einer Verurteilung von Ministern, die sich ihr gegenüber uufügsam erwiesen, zu jeder Zeit sicher sein zu können. Man verminderte dnrch Beschluß die Zahl der Mitglieder des Reichsgerichts dermaßen, daß die übrigbleibenden den im Falle einer Ministeranklnge von der Landesvertretnng zu wählende»? Mitgliedern gegenüber die Minderheit der Richter bilden, und eiue solche Anklage ist von den Führern der Radikalen schon für die nächste Session ins Ange gefaßt. Daß bei dieser Beschränkung der Arbeitskräfte das höchste Gericht seine Aufgaben unr schwer erfüllen, die Geschäfte nur nach langem Verzug bewältigen kaun, und Prozeßsachen infolge solcher Verschleppung nnd Stockung jahrelang unerledigt bleibeu, ficht diese norwegischen Fortschrittler nicht au. Ihr Interesse, ihr Vorteil steht ihnen über dein Wohle des Volkes, das sie mit ihren Bestrebungen zu fördern vorgeben. Man erkennt hier recht deutlich, wohin die Doktrin des Ultraliberalismns führt, und wohin es auch in Deutschland kommen würde, wenn wir nicht ein starkes .Königtum und für den äußersten Notfall ein starkes Heer zum Widerstande gegen die Gelüste der Demokratie hätte», die iu den Führern der Fortschrittspartei zn uns redet, und die jetzt zwar noch leidlich verbirgt, was sie im letzten Grunde wünscht und erstrebt, sehr bald aber deutlicher und dreister sprechen würde, wenn die Umstände sich ihr einmal günstiger gestalte» sollten.

Endlich hat das Storthing in seiner letzte» Session mit Nnwendnng einer sehr künstlichen Dentnng des Gesetzes das allgemeine Wahlrecht einzuführen versucht, sodaß auch die untersten Schichten der Bevölkerung an demselben Teil haben würden, wenn der König den betreffenden Beschlüsse» seine Sanktion erteilte. Zu diese» drei Hciliptvcrsucheu, das Eidsvolder Grundgesetz im rein demokratische» Sinne »mzilmvdel» nnd faktisch die Republik herzustellen, in welcher der König nnr noch ein Ornament, nnr ei» schwächliches Anhängsel sein würde,