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Der Konflikt in Norwegen.
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ziemlich heftiger Konflikt aus, der indes; durch Nachgiebigkeit auf feiten der Re­gierung bis zn einem gewissen Grade beigelegt wurde.

Gegeil den neuen König Oskar II., der im Februar 1872 den Thron bestieg, bewies sich das Storthing insofern zuvorkommend, als es die Kosten für dessen Krönnng zn Drontheim bewilligte. Der König bezeigte sich dafür seinerseits dankbar, indem er seine Zustimmung znr Abschaffung des Statthalter- posiens erteilte. Aber in wichtigeren Fragen war kein Einverständnis zu er­reichen. Der Zwiespalt Niegen der Zulassung der Minister zu den Beratungen der Volksvertretung wurde immer heftiger, uud die skandinavische Müuzkvnveutiou war in der Versammlung nicht durchzusetzen, man beschloß hier vielmehr ein besondres Münzgesetz nur fiir Norwegen. Etwas besser gestaltete sich die Lage 1874, wo eine nene Zollkonvention mit Schweden durchging, und 1875, wo der wiederholt von der Regierung eingebrachte Autrag auf Anschluß au den dünisch- schwedischen Münzvertrag nnd zugleich die Einführung des metrischen Maß- nnd Gewichtssystems augenommcn wurde.

Schrieb man damals:Unberührt von den Agitationen ehrgeiziger Partei­führer geht das norwegische Volk langsam, aber unaufhaltsam vorwärts auf der Bahn geistigen und materiellen Fortschritts," so war das zwar im allgemeinen nicht unrichtig, aber doch mit einigen sehr erheblichen Einschränkungen zn nehmen, z. B. mit der, daß ziemlich weite Kreise sich durch die Phrasen der demokra­tischen Agitatoren verblenden nnd zu verkehrtem Handeln bestimmen ließen. In Deutschland ist der Baner in der Regel konservativ, und die Städte siud liberal uud iu den niederen Schichten radikal; iu Norwegen ist es ungefähr umgekehrt, hier hat der Radikalismus seine Vertreter stets uud namentlich in den letzten Jahren unter den Landbewohnern gehabt, während die Städte, vor allem Chri- stiauia, Bergen nnd Drontheim, weit überwiegend der gemäßigten Partei an­gehören. Der Streit aber, der jetzt schon seit einigen Jahren tobt, ist von dein die Alleinherrschaft erstrebende» Radikalismus, der seit geraumer Zeit schou im Storthing die Majorität hat, angefangen worden, und dreht sich zunächst um das Erscheinen der Minister bei den Verhandlungen der Volksvertretung, dann um die Frage, wie das Vetorecht des Königs zu defiuireu sei. 1880 beschloß das gegenwärtige Storthing, daß der in drei nacheinanderfolgenden Legislatur­perioden, also von drei immer nengewählten Volksvertretungen gefaßte Beschluß, die Minister hätten fortan sich an den Storthingsberatnngen zn beteiligen (womit man je nach der Majorität wechselude Ministerien im Auge hatte), nunmehr Gesetzeskraft habe, obwohl der König damit nicht einverstanden sei; denn dem­selben stehe anch in Augelegeuheiten des Grundgesetzes nur ein suspensives Veto zu, nnd dieses habe nach jenem dreimal wiederholten Beschlusse des Storthing keine Kraft mehr. Die hierin ausgedrückte Rechtsausicht ist eiue irrtümliche; denn das Einspruchsrecht der Kroue ist iu Betreff aller Versassungs- fragen ein absolutes. Das ist nicht »nr von der Juristenfakultät der Uni-