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Zu den deutschen Volksfesten.
ihre Damen bei den Turnieren sich nicht gefühlt haben als hier die Reiter des Dorfes und ihre Schönen.
Die Musik, eine Klarinette, ein Waldhorn und eine Trompete, zu denen wohl manchmal auch noch eine Pofaune kam, führte dann die ganze Gesellschaft nach dem Dorfe zurück, und größere Fröhlichkeit kann der schönste Parademarsch nicht erzengen, als sie bei den Klängen dieser paar Instrumente sich entwickelte. Am Abend wurde getanzt und der Gänserich verzehrt. Nun höre man, wie dieses Fest tot gemacht wurde. Au einem schulfreien Sonnabendnachmittag erwarteten wir, die ganze kleinstädtische männliche Jugend, unsere alten guteu Freunde, deu „Hanswurst" und den „Läufer," die von der Festgesellschaft der W-er Vorstadt nach K. lanfen sollten, um die dortigen juugen Leute zum morgigen Feste einzuladen. Endlich kamen sie durchs Stadtthor nugekuallt, und wir alle wie immer im Sturmlauf nebenher. Vor der Knallpeitsche des „Läufers" hielten wir uns in angemessener Entfernung, aber mit der Pritsche des „Hanswurst" machte mancher unfreiwillige Bekanntschaft. Da giug es uun in lautem Jubel über den „Ring" (Marktplatz) hinweg, um am andern Thor wieder ins Freie und nach K. zu gelangen. Aber siehe da, als wir an die letzte Riugecke kameu, hatte der ueue Herr Bürgermeister, der ein gar gestrenger Herr war, das Fenster offen und rief mit lauter Stimme herunter: „Ihr beiden Narren! kommt doch einmal herauf!" Sie gingen, und wir alle harrteu in bcmger Erwartung. Was nun der Herr Bürgermeister damals und in welcher Art er mit ihnen verhandelt hat, weiß ich nicht. Die „beiden Narren" kamen aber sehr niedergeschlagen wieder herunter, und wir alle fühlten, es mnßte etwas sehr schlimmes geschehen sein, denn sie gingen ruhig in eine Seitengasse, zum Städtchen hinaus und nach Hause. Die Einladung aber und das Fest unterblieb, ich habe sie auch iu den nächsten Jahren nicht gesehen, und jedenfalls sind sie nie wieder zum Leben erwacht.
Damals war es auch uoch Sitte, daß die Kinder vermögender Eltern am Sommersountag mit dein Sommerbaum zur „Frau Pate," zum „Herrn Vetter" oder sonstigen gnten Freunden ein Liedchen siugen gingen und von diesen dafür beschenkt wurden. Das verdroß den gestrengen Herrn Bürgermeister auch, ein im Magistrat befindlicher dicker Flcischermcister, der, wie man damals sagte, zu den „Aufgeklärten" gehörte und der den „alten Unsinn" endlich beseitigen wollte, war ganz derselben Ansicht wie der Herr Bürgermeister, ein Pfefferküchler saß leider nicht im Magistrat, und so wnrde das „Svmmergehen" verboten, die alte wackelige Polizei, Veteranen aus den Freiheitskriegen, aufgeboten und energisch angetrieben, alle Sommerbüume wegzunehmen. Die Folge war, daß die Kinder der besseren Stände, welche die Belästigung der Polizei scheuten, das „Sommern" aufgaben und verlernten, und daß es schließlich zu einer Art Vettel herabsauk. Denn ganz hat es der gestrenge Herr Bürgermeister und der dicke Fleischer, die übrigens beide wohl längst im Lande des ewigen Sommers sind,