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Klassische Jindttnge.
Nach den Originalen mitgetheilt von
C. A. H. Burkhardt.
1. Goethe an Zelter») Ueber Tancred.
Aus Ihrem Briefe, werthgeschätztester Herr Zelter, bin ich Ihnen leider schon zu lange Antwort und für die überschickten Comvositionen, die mir und meinen Freunden viel Vergnügen gemacht haben, Dank schuldig. Meine Absicht war nicht eher zu schreiben, bis ich etwas zweckmäßiges melden könnte.
Von musikalischen Dramen, an deren Ausführung ich noch denken möchte, liegen nur zwei Anfänge unter meinen Papieren. Zu einem comisch heroischen, der zweyte Theil der Zauberflote, zu einem tragischen die Danai- den; doch würde ich kaum Lust und Muth eins oder das andere auszuführen finden, wenn ich nicht einer Composition und Aufführung versichert und mit dem Theater, auf welchem sie zuerst aufgeführt werden sollten, in unmittelbarer Verbindung stünde, um den ersten Eintritt durch Benutzung aller individuellen und localen recht brillant zu machen.
Im Frühjahr schien es, als wenn Hofrath Schiller ein Trauerspiel ausarbeiten würde, wozu Chöre nöthig wären; worüber ich Ihre Gedanken zu vernehmen gedachte. Nun zieht sich dieser Plan ins Weite und ich habe dagegen den Tancred des Voltaire vorgenommen, dem ich in den Zwischenacten Chöre geben möchte, da das Sujet als öffentliche Handlung und Begebenheit, sie zuläßt, ja fordert.
Mögen Sie das Stück wohl im Original selbst lesen? indem ich an dem Gang desselben weder ändern will noch darf, sondern die Darstellung blos belebter geben möchte. Denken Sie sich die Chöre zwischen den Acten wie sie sich von selbst geben und sagen Sie mir Ihre Gedanken.
Zu schnellerer Uebersicht entwerfe ich eine leichte Skitze.
Characteristische kurze Symphonie Nach dem ersten Act.
Syracusanische Jungfrauen treten auf mit Freude über das bevorstehende Hochzeitfest. Euphanie^) eine aus ihnen, welche Amenaiden näher verbunden ist, und nun die Neugierde der übrigen befriedigen soll, bringt auf einmal
Dieser undatirte Brief fällt, jedenfalls in den Jnli oder August 1800. Die Reinschrift ist von Goethe vielfach eigenhändig corrigirt. — Zu vergleichen ist Goethe Schillers Vriefw. II. 294 ff.
") So heißt bey mir die französische Fanie; diesen Satz strich Goethe.