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Das Nescript des Herzogs Peter von Oldenburg, durch welches die Einführung von „Klüter- und Gartenschulen" angeordnet ward, datirt vom Jahre 1796. Herzog Peter hatte die Leibeigenschaft und die Dienstbarkeit auf seinen Gütern aufgehoben. Sehr richtig aber erwogen, daß „wer frei sein soll, lernen muß, frei sein zu können" „frei aber kann nur der sein, der auf eine seiner Stellung entsprechende Weise Kopf und Hand gebrauchen kann und mag". Aus dem Boden dieser ebenso erleuchteten als menschenfreundlichen Betrachtungen erwuchs dem Herzog Peter der Plan zur Errichtung von Arbeitsschulen. Das gedachte Nescript verfügt in Betreff derselben Folgendes: „In sämmtlichen Arbeitsschulen sollen die Knaben außer dem eigentlichen Schulunterricht auch in nützlichen Handarbeiten, insbesondere dem Gartenbau und der Obstzucht, unterrichtet werden. Zur Erreichung dieses Zwecks wird jeder Schule ein Schulgarten von 30 iHRuthen Landes angewiesen. Die Kosten zur Anschaffung des nöthigen Arbeitsmaterials werden aus herrschaftlichen Kassen bewilligt (es betrug dies für IS Arbeitsschulen 426 Thlr.). Außerdem wird sämmtlichen Arbeitsschulen ein gemeinsamer Schulfonds von 2000 Thlr. geschenkt. Das nöthige Spinnmaterial haben die Hufenpächter contractlich zu liefern. Auf Grund dieser Stiftung entwickelten sich im Eutinischen Arbeitsschulen in einer dreifachen Gestalt: als Spinn-, Näh- und Strickschulen für Mädchen, als Klüterschulen für die Knaben, als Gartenbauschulen für Knaben und Mädchen. Von 6 täglichen Schulstunden einer Klasse wurden in der ersten Klasse 4 der Lern-, 2 der Arbeitsschule gewidmet, in der zweiten Klasse je 3 und 3, in der dritten Klasse 2 und 4. In der Gartenbauschule ward vorzugsweise Obstbaumzucht getrieben. Die Klüterschule sollte nach der ausgesprochenen Absicht ihres fürstlichen Gründers, „nicht die Knaben zu Handarbeitern bilden" wohl aber sie im Gebrauch der verschiedenen Werkzeuge und in der Fertigung derjenigen Arbeiten üben, die im Hause, in Stall und Scheune u. s. w. vorkommen.
Die pädagogische Literatur aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts bemächtigte sich lebhaft des Gedankens der „Arbeitsschule". In einer zu Hannover erschienenen Schrift aus dem Jahre 17S2, betitelt: „Kurze Anleitung für Lehrer und Aufseherinnen in Industrieschulen" von A. Halscher. Superintendent in Münden, werden für den Theil der Kinder in den Lernschulen, der zeitweilig unbeschäftigt ist, Handarbeiten empfohlen. Durch solche, meint der Verfasser, lernten die Kinder aufmerken, urtheilen, überlegen. Eine für die Zukunft bildende, nützliche Thätigkeit werde dadurch geweckt. Viele Menschen kämen nur darum in Noth, weil sie nicht zu irgend einer Nebenarbeit greisen könnten. Die Religion gebiete, Gott durch Arbeit zu ehren, nicht sich unthätig der Vorsehung allein zu überlassen. Die natürlichen Fähigkeiten der Kinder würden auf diese Weise entwickelt, es werde ihnen das zur Gewohnheit gemacht, was ja doch Hauptpflicht ihres ganzen Lebens sei,