9V5
das Gute oder Böse verliert, welches sich hinter denselben verbirgt. Man möchte sagen, daß sie in Ermangelung wirklicher Helden, die sie bewundern kann, das Bedürfniß empfindet, sich um jeden Preis Helden zu machen, müßte sie auch dabei soweit gehen, daß sie sie unter den ärgsten Feinden der bürgerlichen Gesellschaft und von den Bänken der Angeklagten im Criminal- gericht zu nehmen hätte."
„Es ist Zeit", so schließt das Blatt seine Betrachtung, „diesem sittlichen Niedergang entgegenzuwirken, er würde sonst binnen Kurzem den Namen eines heruntergekommenen Volkes rechtfertigen, den man uns zu geben anfängt. Es ist Zeit, daß wir uns erinnern, daß je glücklicher ein Mensch veranlagt ist, desto größer seine Verpflichtungen gegen die Gesellschaft sind, und diese desto mehr Recht hat, an dem Tage, wo er jene Pflicht außer Augen geseht hat, strenge Rechenschaft von ihm zu fordern. Statt dessen thun wir das Gegentheil, ohne gewahr zu werden, daß jede derartige Schwäche für brillante Mittelmäßigkeiten, für ungeduldige Strebsamkeit, für dreist auftretende Gelüste eine Ermuthigung ist, sich Alles für gestattet zu halten, vorausgesetzt, daß sie verstehen, die Nachsicht des Publicums dadurch zu gewinnen, daß sie sich mit einem falschen Nimbus umgeben. Hüten wir uns! Denn so wird man, wie das spanische Amerika, ein Land für Pronuncin- Miento's."
Wir haben dem nichts hinzuzufügen, als unsere ungetheilte Beistimmung. Und mit dieser Einleitung können wir die folgenden Mittheilungen eines englischen Correspondenten der „Dailh News" ohne viel weitere Bemerkungen wiedergeben. Man wird darin einiges, was über Capirän Rössel schon gesagt wurde, indireet bestätigt finden, anderes zu berichtigen wissen. Unser Engländer, der, wie man sehen wird, stark für Rössel eingenommen ist, erzählt uns:
„Bald nach Ausbruch der Jnsurrection vom 18. März begab ich mich w das Kriegsministerium, um mir einen Passirschein zu verschaffen, ohne den Ulan kaum seiner Freiheit, um nicht zu sagen seines Lebens sicher war, vorzüglich, wenn man, wie ich, sich in dem Fall befand, seinem Berufe als Journalist nachgehen, unablässig auf der Suche nach Neuigkeiten sein, und jeden Menschen, der nützlichen Bescheid geben konnte, nach allen Richtungen hin ausfragen zu müssen.
Als ich an dem prachtvollen Palast im Faubourg St. Germain ankam, welcher unserm ärmlichen londoner Kriegsministerium entspricht, wurde ich sc>- sort in das Zimmer gewiesen, in welchem Oberst Rössel beschäftigt war, einer ^hr gemischten Masse von Leuten Audienz zu ertheilen. Das Zimmer war doll von Officieren der Nationalgarde, die in Uniformen der glänzendsten Art steckten und von oben bis unten mit Tressen und Troddeln bedeckt waren,
5