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Handels nicht Spuren ihrer Zeit, in Form und Melodiegestaltungen nicht hier und da veraltetes empfinden ließen oder gar, daß sie das Höchste enthielten, was Händel geschaffen; aber kleine Mängel verschwinden vor der innern Bor- züglichkeit, Frische und Kraft dieser Tonsätze. Ueberall erkennt man den Meister, der unbeschränkt, sicher und mit bewundernswürdiger Leichtigkeit seine Tongebilde gestaltete, dessen originelle Erfindung, meisterhafte Technik und virtuose Macht uns stets aufs neue fesseln und der, wird er von einer tieferen lyrischen Seelenstimmung erfaßt, nur Vorzügliches leistet und in solch glücklichen Momenten ächteste Kunstwerke schafft, die über alle Wandlungen der Zeiten erhaben sind. Hier stehen wir wieder vor edelster Hausmusik. Nirgends wo selbige nun Stätte gefunden, sollte man diese Sologesänge Händels unbeachtet lassen. Sie gehören nicht den bekannten Oratorien, sondern nur lbis auf drei Kammerduette) unbekannten und verschollenen Opern an. Der Herausgeber, R. Franz, hat mit feinem Verständniß, großer Geschicklichkeit und Sachkenntniß ein Clavierarrangement zu sämmtlichen Singstücken gegeben, das sich den Melodien glücklich anschmiegt und von einem innigen Hineinleben des Bearbeiters in Händels Geist, Art und Weise Zeugniß giebt, obgleich man sich dem Eindruck nicht verschließen kann, daß das Accompagnc- ment in einzelnen Sätzen etwas überladen und allzumodern erscheint; die geistige Verbindung der neuen Hülle mit dem älteren Original würde noch wohlthuender und befriedigender wirken, hätte der verdienstvolle Bearbeiter Winderen Aufwand von eigener Kunst dabei bethätigt. Doch auch diese Ausstellung verschwindet vor der Vortrefflichkeit der ganzen Arbeit, die man alle Ursache hat froh und dankbar aufzunehmen.
H. M. Schletterer.
Dom deutschen Keichstag.
Berlin, den 12. November 1871. Am 6. November fand die dritte Lesung und Schlußabstimmung über das Gesetz in Betreff des Reichskriegsschatzes statt, nachdem vorher der Gesetz- entwurf über die Einführung des Bundesgesetzes in Würtemberg und Ba« den, welches den Unterstützungswohnsitz regelt, in erster und zweiter Berathung erledigt worden.
Die Bildung des Reichskriegsschatzes, deren Bestimmungen schließlich so angenommen wurden, wie sie bereits in unserem letzten^Reichstagsbrief an-