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14.423.930 Thlr. Die Zahl der Postämter in den verschiedenen Stadttheilen betrug 4l. Auf den Kopf der Bevölkerung Berlins treffen jährlich 31,S Briefe (in ganz Preußen etwa 10.)
Jerlmer Ariefe.
Berlin, 3. November. Die Zeiten der lius Huines-mMix scheinen für uns gekommen zu sein. Es hat nach dem Frieden lange gedauert, ehe die Hausse der Börse in der Weise durchbrach, daß sie das große Publicum der kleinen Besitzer mit sich fortriß, daß die iruri saera. lumes sich Derer bemächtigte, welche bis dahin Arbeit und Sparsamkeit als die Quellen des Reichthums anzusehen gewohnt waren. Aber diese Leute sehen die Papiere steigen und immer höher steigen
— in wenigen Wochen sind zwanzig, dreißig Procent verdient und wenn Jemand ein' paar glückliche Treffer hat, so kann er in derselben Zeit sein vermögen verdoppelt haben. Scheint da Der nicht ein Narr zu fein, der die goldene Fluth an sich vorüberrauschen läßt, ohne zu schöpfen?
So wenigstens urtheilt die Menge; Einen nach dem Andern ergreift das Fieber, die Börse wird von Tag zu Tage voller, in den Läden der Banquiers sitzen früh morgens die Kunden, geduldig'auf ihre Abfertigung wartend, und des Abends spät sieht man noch Licht ur den Comtoirs, und Chefs und Comto- risten arbeiten — auch, wenn es nicht Ultimo ist. Nichts wäre thörichter, als gegen die Börse als Institution etwas sagen zu wollen. Sie wird, so wenig wie das Welfenreich, obgleich sie streng genommen diesem an Ehrwürdigkeit des Alters überlegen war, bis an das Ende der Dinge dauern; in der heutigen Weltordnung aber hat sie ihre Nothwendigkeit und für das gegenwärtige wirthschaftliche System ist sie nicht bloß eine sehr wichtige Schraube, fondern vielleicht selbst der Schlußstein des ganzen Gebäudes.
Und gerade deßhalb ist es ein eigenes Ding um die Warnungen vor dem Börsenspiel. Sie finden noch hier und da einen braven Mann, der einen guten Gehalt bezieht und eine hübsche Pension in Aussicht hat und der sich ein solides Papier oder eine gute Hypothek in den Schrank legt, „um ruhig schlafen zu können" und an dem alle Verlockungen der Börse scheitern. Die abschreckenden Beispiele sind für ihn vorhanden. Aber ein unparteiischer Beobachter wird über diese abschreckenden Beispiele noch anders denken. Es ist wahr, von Zeit zu Zeit geht eine Katastrophe über diese Welt des Geldes hin, dann stürzen die neuen Vermögen (und auch manches alte) zusammen wie die Karlenhäuser, aber im Großen und Ganzen ist, in England seit der großen Revolution, auf dem Continent wenigstens seit 1815, die Ansammlung des Capitals immer rascher und rascher, in immer größerem Maßstabe vor sich gegangen, die Hausse — im weitesten Sinne des Wortes — ist die vorherrschende Richtung gewesen, unterbrochen nur durch verhältnißmäßig kurze Krisen, welche gleich Gewittern die Spannung der Atmosphäre milderten, und
— unter den Spielern — ist die Zahl der Gewinnenden ungeheuer viel größer gewesen, als die der Verlierenden.
Aber außerhalb der Börse steht heute noch eine andere Industrie in vollster Blüthe: die der Gründungen. Wo irgend ein Unternehmen so weit ge-