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Paris und Frankreich.
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rice ciselirt worden ist. Die Modedamen tragen dergleichen als Halsband oder auch als Ohrgehänge. Die jungen Leute von der elegantesten Sorte knüpfen sich's als Manschettenknöpfe ein oder schieben sie als Ring um die Enden ihrer Cravatten. Etwas besonders Exquisites ist es, wenn es in der Gestalt von Lilienblumen auftritt.

Eine ganz besondere Goldquelle aber hat die preußische Granate den Conditoreien geöffnet. Den nächsten Neujahrstag wird ein wohlerzogener Mann sich nicht erlauben dürfen, einer Dame Bonbons zu überbringen, die nicht aus kleinen Zuckergranaten bestehen, welche in einer großen Granate aus Pappe stecken. Die Leute, deren Söhne oder Brüder durch die deutsche Artillerie getödtet worden sind, werden natürlich nicht umhin können, von dieser niedlichen Gabe entzückt zu sein.

Das ist nur eine Seite der Pariser Frivolität, welche man uns in der Provinz immer als ein Muster geistreicher Anmuth und feinsten Geschmacks empfohlen hat. Es gibt davon tausend andere, aber eine, die mich auf jedem Schritt durch die Straßen abstößt, und an die ich mich durchaus nicht ge­wöhnen kann, ist die Neigung der Pariser zur Karrikatur.

Es geschieht häufig, daß ich bei meinen Gängen durch Paris über ein solches Bild roth bis über die Ohren werde, während Leute, die ohne Zweifel viel weniger bäuerische Empfindungen haben als ich und viel mehr Verstand für feine Witze besitzen, darüber lachen, daß sie sich die Seiten halten müssen. Und diese Allegorie, die so zartsinnig, so zeitgemäß und vor Allem so kühn ist, vervielfältigt sich in's Unendliche und nimmt tausend und abertausend verschiedene Gestalten an. Es gibt keinen Bilderhändler in Paris, bei dem nicht Frankreich durch Hunderte solcher Darstellungen in'Lithographie oder Photographie gerächt oder gerettet würde.

Und alles das in diesem selben Augenblick, wo uns das Blut bis zum Bleichwerden abgezapft wird, um den Appetit dessen, der uns besiegt hat, zu befriedigen, und wo wir gezwungen sind, ihm mit freundlichem Lächeln unsre Milliarden auf silbernem Teller zu präsentiren. Vermuthlich geschieht es, weil kaum vor acht Tagen unser Bevollmächtigter, um die Befreiung von fünf oder sechs Departements eher als ausgemacht zu erlangen, mit dem Herrn v. Bismarck speisen und mit ihm jene Eßtourniere hat durchmachen müssen, bei welchen demjenigen die Palme gereicht wird, der am meisten essen kann. Um den Herrn Fürsten von Bismarck in gute Laune zu versetzen, mußte man sich") von ihm in diesem Freßkampfe (WSlmt Äe guvulv) besiegen lassen und sich dennoch soweit auf den Beinen halten, um ihn noch als Sieger an-

"1 Guter Bursche, diesereleoteur rurÄ", aber welch komischer Aberglaube, vorausgcssizt, daß es im Ernste gemeint ist, was zu bezweifeln sein könnte.