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Paris und Frankreich.
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sich darin gefallen, daß sie in der Art von Hüten kleine Helme tragen, denen nur die Spitze fehlt, um sie zu preußischen Pickelhauben zu machen. New, ich meine jene Verrücktheit, nach welcher die Pariser die glücklichen oder be- klagenswerthen Ereignisse, welche sich zutragen, nur als Gelegenheiten be­trachten, die kleinlichen Spielereien zu variiren, die zu ihrer Existenz noth­wendig sind.

So ist z. B. gegenwärtig die preußische Granate in Gunst. In Wirk­lichkeit wie figürlich ist sie das beliebteste Spielzeug des Tages. Man ver­wendet sie allenthalben, sie bekommt Junge, ich weiß nicht, in was für Hundertlei Saucen man sie den Leuten servirt. Gewisse Gewerbsleute machen ein Geschäft daraus, alle Geschosse, die während der beiden Belagerungen nach Paris hineingefallen sind (man nimmt es mit ihrer Nationalität nicht so genau), zu sammeln und sie zu allerhand Gegenständen zu verarbeiten, die irgendwie zum eleganten Leben gehören. Die sprichwörtliche Erfindungsgabe der Pariser Fabrikanten hat sich mit vergnügtem Herzen daran gemacht, und Spielzeug­fabrikanten und Juweliere haben um die Wette gearbeitet. Aus den großen, dicken Bomben, welche nicht zersprungen und noch mit ihrem zerrissenen Hemde von Blei bekleidet sind, macht man Wanduhren. Man zerschneidet ihnen den Bauch, um ein Uhrwerk mit Zifferblatt hineinzuschieben, das nun die Stelle des Pulvers einnimmt. Ich würde mich freuen, diese Wanduhr auf jedem Kaminsims zu sehen, aber unter der Bedingung, daß der Zeiger daran un­beweglich wäre und immer dieselbe Stunde wiese die der großen Reveille. Aber ich vermuthe, daß diese furchtbaren Hausgeräthstücke viel häufiger die Schlafkammer niedlicher Frauenzimmer als die von Liebhabern der Rache schmücken werden.

Wo aber das Genie der Künstler sich selbst übertroffen hat, das ist in der Art und Weise, in welcher man die Sprengstücke der Geschosse nützlich verwendet. Aus einer halben und der Länge nach durchgespaltenen Granate machen sie eine Cigarrendose, aus ganz kleinen Bruchstücken entstehen unter ihren Händen Büchsen für Zündhölzchen, Uhrhalter oder Tintenfäßchen, oder sie gestalten sie zu Briefbeschwerern oder Stockknöpfen um. Durch eine sehr sinnreiche Zusammenstellung von größeren Kugeln, Zündnadelgeschosfen und Granatspiegeln gewinnen sie Lichthalter, Leuchter, Kandelaber und selbst Kronleuchter. Das sieht häßlich, plump, unsauber aus, aber jedes dieser Bruchstücke hat vielleicht einen Franzosen getödtet oder zum Krüppel gemacht, folglich ist das Ding als Kunstwerk von unschätzbarem Werthe.

Die Juweliere treiben's in noch raffinirterer Weise. Nichts zeigt heut­zutage besseren Geschmack, als wenn man an seine Uhrkette eine allerliebste Miniaturgranate hängt oder sich über den Finger einen Ring streift, welcher aus dem Sprengstück einer deutschen Bombe gegossen und von Froment Mau-