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Ranke's deutsche Geschichte 1780-1790.
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von Schritten für eine Herstellung allgemeiner Toleranz ging er dabei aus. Maria Theresia schon hatte keine eigentliche Verfolgung oder Bedrückung der Protestanten mehr gewollt, Joseph wollte Toleranz.Das scheint," urtheilt Ranke,ein geringer Unterschied zu sein, aber in dieser Differenz will doch die Verschiedenheit der Principien zu Tage." Joseph's Abficht war über­haupt, den Staat von dem geistlichen Begriff abzulösen. Und sobald er die Regierung angetreten, ging er mit einer Reihe von Maßregeln vor, in Be­freiung der Protestanten von den bisherigen Einschränkungen, in Ueberwachung der katholischen Kirche durch die landesherrliche Oberaufsicht. Gegen die Klöster, gegen die Uebergriffe der Geistlichen in das bürgerliche Leben ging er scharf vor in einen Conflict mit dem Papstthum ist er dadurch gerathen.

Es ist ein Glanzstück Ranke'scher Geschichtskunst, dieses CapitelVer­hältniß zum Papstthum." Wir enthalten uns eines jeden Auszuges aus demselben: unsere Leser mögen das Buch selbst in die Hand nehmen! Jedes Wort, jeder Strich ist auf's sorgfältigste berechnet: abkürzen hieße hier die Seele des Kunstwerkes vernichten! Nur das berühren wir wenigstens mit einem Worte: während des Aufenthaltes des Papstes in Wien 1782, in den mündlichen Verhandlungen nimmt man fast bei jedem Punkte der Forderung des Papstes gegenüber eine gewisse Annäherung des Kaisers, aber eine sehr entschiedene Zurückweisung von Seiten des Fürsten Kaunitz wahr. Und daß Kaunitz auch in der kirchlichen Frage der energischere, consequentere, princi­piellere Staatsmann, gewesen als der Kaiser selbst, das ist eins der über­raschendsten Resultate, das Ranke gewonnen und erwiesen hat.

Die auswärtige Politik Joseph's wird dann von Ranke in ihrer ganzen Bedeutung gewürdigt. Seine Eingriffe in das Stillleben des deutschen Reiches, seine Versuche, die Stellung des Kaiserthums über und zu den Landesfürsten wieder zu steigern und zu heben, werden kurz und bündig vorgetragen; und diejenige Richtung, die eigentlich charakteristisch für ihn geworden, die Allianz mit Rußland, wird eingehend erörtert und motivirt. Merkwürdig genug, wie oft sich in der Zeit von 1740 bis 1790 die Haltung der Großmächte zu einander verändert. Anfangs hatte Oestreich vornehmlich auf England sich gestützt, dann an Frankreich sich angeschlossen, an dasselbe Frankreich, das während der östreichisch-englischen Allianz die Siege Preußens über Oestreich unterstützt hatte. Nach dem siebenjährigen Kriege hatte Friedrich der Große verstanden, durch freundliche Konnexionen mit Nußland seine Geschäfte zu machen: für Oestreich war nun die 17S6 so begehrte Verbindung mit Frank­reich werthlos geworden, nun galt es wiederum Friedrich ftinen Alliirten zu rauben und, da sich Rußland für Friedrich 1763 1778 von Vortheil er­wiesen, ähnlich wie einst Frankreich in den Jahren 1740 1746, jetzt zu sehen, ob auch Oestreich ähnliche Vortheile aus der russischen Allianz ziehen