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Ferdinand der Katholische. II.
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verdiente und in der That als eine glückliche Lösung dieser Verwicklungen und Differenzen auch von uns bezeichnet werden muß. Ueber seinen Plan verhandelte er mit Frankreich 13031509, und auch 1513 nahm er ihn wieder auf: oft nur in Andeutungen, oft auf verhüllenden Umwegen, von den verschiedensten Ausgangspunkten aus, ist das immer der Mittelpunkt seiner Combinationen, daß die Habsburgischen und die französischen Ansprüche in einem Ehepaare zusammengelegt werden sollen, dem die beiden Rivalen freundlich gesinnt wären und an dessen Entwickelung beide Seiten Interesse besäßen. Die ungeheuere Machtanhäufung in einem einzigen Habsburger, welche Kaiser Max sich zum Ziele gesetzt, wünschte Ferdinand zu vermeiden: er schlug vor, dem jüngeren Enkel Ferdinand Mailand zu verleihen und ihn dann mit einer französischen Prinzessin zu verheirathern er selbst zeigte an, daß er daran denke, diesem Paare Neapel zu geben. In diesem Gedanken­kreise entsprang auch die Differenz, in der er sich Max gegenüber wegen der Vertheilung der gemeinschaftlichen Ländermassen befand. Max ließ sich nicht davon abbringen, daß alle die Länder, so verschieden auch ihre Nationalität, ihr Charakter, ihre Zustände sein möchten, auf den ältesten Enkel Karl ver­erbt werden müßten. Ferdinand wünschte Karl zum Herrn der Niederlande, Oestreichs und der östlichen Königreiche, zum Kaiser von Deutschland bestimmt zu sehen: dem jüngeren Bruder, Ferdinand, hatte er Ober- und Unteritalien zuweisen und demselben auch die Negierung von Spanien übertragen wollen. Allerdings, nicht die Einheit Spaniens brauchte er zu zerreißen, wenn er Karls Macht von hier entfernen wollte; nein, dies Spanien, das Werk seines Lebens, würde er gewiß nicht zerstören; aber nach seinem Tode war ja doch die Königin in Castilicn wie in Aragon jene unglückliche Juana, und zunächst noch nicht ihre Söhne; und war sie selbst unfähig zu regieren, so mußte also für sie einer der Söhne Regent werden. Der Regel nach war na­türlich der ältere, Karl, der Vertreter seiner Mutter; aber war es nothwendig dieser Regel zu folgen? Ferdinand meinte den jüngeren in Spanien gebo­renen und erzogenen Ferdinand vorziehen und ihm die Regentschaft testamen­tarisch übertragen zu sollen. Als Regent von Spanien, als König von Ne­apel, als Herzog von Mailand würde dieser Ferdinand seinem Bruder, dem Kaiser Karl zur Seite getreten sein! Ein deutsch-niederländisches und ein spanisch-italienisches Reich darin summirt sich Ferdinand des Katholischen Zukunftspolitik.

Der Historiker, der an der Geschichte des 16. Jahrhunderts diesen Ent­wurf messen will, wird nicht übersehen können, welche Vorzüge ihm vor dem thatsächlichen Verlauf der Erbschaftsfrage beiwohnen: jene verhängnißvolle Verkettung deutsch-niederländischer mit spanischen Gebieten, die so oft als falsch erkannte und trotz besserer Einsicht beibehaltene Prämisse der Geschichte