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erscheint überhaupt eine allzuscharfe Abgrenzung zwischen akademischer und derjenigen Bildung, welche auf anderen Wegen erlangt wird, namentlich in der Anwendung auf die Vo lks schulleh rer sehr bedenklich, wie denn unläugbar auf den Landesseminarien in nicht geringer Anzahl Schulamtscandidaten gebildet werden (namentlich 1860 und weiterhin), welche vollkommen geeignet sind, auch ohne akademische Studien gemacht zu haben, Lehrerstellen an Bürger- und Realschulen zu bekleiden, deren Berufseifer aber leicht erkalten könnte, wenn ihnen die Aussicht, in einen umfassenden Wirkungskreis mit der Zeit einzutreten, durch eine solche Ausschließung allzusehr beschränkt würde." — Zur Vervollständigung des Bildes vom höheren Schulwesen in Sachsen führen wir noch die Verordnung vom 1. Juni 1865 an, nach welcher Volksschullehrer auf zwei hinter einander folgende Jahre zum Besuch der Universität auch ohne Gymnasial-Maturi- tätszeugniß behufs der Erlangung einer höheren Berufsbildung zugelassen werden. Nach Ablauf dieser zwei Jahre sind diese „Pädagogen" zulässig zur Prüfung für das höhere Schulamt Sect. II. Nach bestandener Prüfung erlangen sie die Befähigung zur Anstellung als Oberlehrer an einer höheren Schule z. B. einer Realschule I. Ordnung.
Im Königreich Sachsen gilt mithin dem Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts der Besuch eines Volksschullehrer-Seminars oder einer Gewerbeschule für eine genügende Vorbereitung aus Universitätsstudien. Die so Vorbereiteten brauchen dann obendrein nur zwei Jahre die Universität zu besuchen, um ihre Studien zu vollenden und zur Prüfung für das höhere Schulamt zugelassen zu werden. Ist die Prüfung glücklich bestanden, so öffnen sich dem Candidaten die Pforten der höheren Schule. Mag derselbe sich in der Prüfung auch das Zeugniß „vorzüglich" nicht erworben haben, so kann er dennoch in oberen und mittleren Klassen als Lehrer verwendet werden. Zwischen den Lehrern an einer sächsischen höheren Schule gibt es keinen Unterschied des Ranges und des Titels. Das Prädicat „Oberlehrer" gebührt jedem ordentlichen Lehrer (Reg. vom 2. Juli 1860, §. IS). Es gibt, die technischen Lehrer höchstens ausgenommen, nur Oberlehrer. Es kommt vor, daß der Candidat die Vo- eation zum Oberlehrer bereits in der Hand und die Universitäts-Matrikel noch in der Tasche hat. Das Probejahr wird meistens erlassen oder besteht nur dem Namen nach. Man würde sehr irren, wollte man glauben, daß wenigstens die Prüfung in Sect. II erforderlich wäre, um Anspruch auf eine ordentliche Lehrerstelle an einer höheren Schule in Sachsen zu haben. Thatsächlich ersetzt die theologische Prüfung der Candidaten der Theologie die