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Wie hatte sich der Ton Klopstock'scher Demuth und anbetender Verzückung geändert!
Shakespeares Dichterkraft hatte Goethe schon in Straßburg in einer sprudelnden Rede mit Prometheus „Menschenschöpfung" verglichen: „er bildete ihm Zug für Zug seine Menschen nach, nur in kolossaler Größe; er belebte sie mit dem Hauche seines Geistes; er redet aus allen und man erkennt ihre Verwandtschaft." Jetzt hatte der Redner selbst schon eine ganze Welt von Niesen seiner Art und seines Gepräges aus sich geboren, Andere beschloß die Seele schon; sie barrten des Lichtes: Goetz und Weislingen, Marie und Adelheid, Georg und Franz, Clavigo und Carlos, Faust und Gretchen, Egmont und Klärchen. Er war selbst der Menschenbildner Prometheus:
Hier sitz' ich, forme Menschen
Nmh mciucm Bilde,
Ein Geschlecht, das mir gleich sei,
Zu leiden, zu weinen,
Zu genießen und zu freuen sich
Und Dein nicht zu achten,
Wie ich! —
Und auch andere Wellen der aufgeregten Jünglingsseele ergossen sich in dieses dithyrambische Bett.
In der ersten Zeit nach dem Weggang von Straßburg quälte die Erinnerung an die verlassene Friederike. Da irrte er wirr und wüst, ein un- stäter „Wanderer", durch Wald und Flur. Selbst Wind und Wetter, Hagel und Regenschauer hielten ihn nicht daheim. Aber auch hier hebt ihn das stolze Vertrauen auf seinen Genius „über'n Schlammpfad mit den Feuerflügeln", da hallen wilde Klänge hinaus in die sturmdurchsauste Luft; im wirbelnden „Halbunsinn" bacchantischer Rede hält er unheimliche Zwiesprache mit sich und den Göttern, die er kaum über sich fühlt:
Wen Du nicht verlässest, Genius,
Nicht der Regen, nicht der Sturm
Haucht ihm Schauer über's Herz..
Wen dn nicht verlässest, Genius,
Wird dem Negengewölt,
Wird dein Schloßeusturm
Entgegeusingm
Wie die Lerche,
Du da droben!
Wandeln wird er
Wie mit Vlumcnfüßen
Ueber Denkalivus Flulhschlamm,
Python tvdteud, leicht, groß,
Pythius Apollo. —