KW
die tüchtigsten Lehrer, durch welche Mittel kann eine Garantie für gute Berufungen gegeben werden, diese Frage ist Mittelpunkt aller Erwägungen, die über die Zukunft unserer Hochschulen angestellt werden können. Schon darüber hat man recht oft und recht theoretisch gestritten, welche denn eigentlich die besten Universitätslehrer seien. Unsere Meinung ist die: der größere Ge-' lehrte, wenn nicht eben Abwesenheit jeglichen Lehrtalentes constatirt ist, wird auch der geeignetere Lehrer für eine Universität sein: ein völliger Mangel an der Qualifikation zum Lehrer ist bei selbstständigen Forschern äußerst selten; man müßte denn das Lehren, das Einführen in die Arbeit des Forschens gleich setzen wollen mit hervorragender Redebegabung. Das ist aber durchaus nicht dasselbe. Und die letztere sehr schätzbare Eigenschaft, die in jedem Fache den Professor ziert und ihm besondere Vorzüge verleiht, wird absolut gefordert werden müssen doch bei verhältnißmäßig wenigen Professuren. Die üblichen Borgänge bei Berufungen werden der Mehrzahl unserer Lehrer im Allgemeinen, soweit nöthig, bekannt sein.. Die Facultäten pflegen dem Minister eine oder mehrere Persönlichkeiten für eine vacante Stelle mit mehr oder weniger ausführlicher Motivirung vorzuschlagen. Diese Vorschläge haben nur die Bedeutung eines Gutachtens. Der Minister ernennt, wen er will; er kann, wenn es ihm gutdünkt, ohne Angabe der Motive irgend wen ernennen. Wir setzen aber dieser Schilderung hinzu, daß in der Regel die Vorschläge der Facultäten beachtet oder daß doch die Motive der Ablehnung eines Vorschlages angedeutet werden: oft auch fragt der Minister an, ob eine bestimmte Persönlichkeit der Facultät passe. Fälle anderer Art kommen allerdings heute noch vor: meistens aber liegt dann in dem Falle selbst irgend ein Moment, das diese scheinbare Nichtachtung der Facultät rechtfertigen könnte. Wir wollen freilich nicht verschweigen, daß bei theologischen Vacanzen unter dem Ministerium Mühler die Praxis bisweilen auch noch einen ganz anders gearteten Charakter gezeigt hat: nicht leicht wird irgend Jemand diese tendenziösen Berufungen billigen wollen. So ist, im Ganzen angesehen, heute der Stand der Berufungsfrage. Bietet er die wünschens- werthen Garantien? Wir sagen unumwunden: Nein. Oft hört man von Professoren felbst das Verlangen aussprechen, daß das ministerielle Ernennungsrecht in wesentlichen Punkten beschränkt werden möge; den Facultäten mit Zustimmung des Senates (oder des Generalconcils) denkt man die Neuberufungen ganz aufzutragen. Wir würden ein solches Cooptationsrecht für den allerschlechtestm Weg halten, gegen dessen Wiedereinführung wir mit äußersten Anstrengungen uns schützen würden. Die Erfahrung, die man auf der einzigen Universität, die dies Privileg heute noch hat und heute noch ausübt, alljährlich machen kann, muß jeden Schwärmer für volle Selbst- ständigkeit der Universitäten gründlichst curiren. Nein, wir halten nicht