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Die parlamentarische Geschäftsordnung.
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jüngsten Mitglieder, welche also die möglichst geringe Garantie für die technische Geschäftskunde bieten, welche zu diesem Amte gehört. Der Präsident wird nun erst auf eine Probezeit von vier Wochen, dann für die Dauer der Session ge­wählt, nach Schluß der Sitzung werden alle Angelegenheiten des Hanfes einem Negierungsbeamten übergeben.

Wir möchten folgendes empfehlen. Nach der Eröffnung einer neuen Legis­laturperiode versammelt sich das Haus und wählt sofort unter Vorsitz seines ältesten Schriftführers (den wir uns, wie weiter berührt werden wird, als ständigen Beamten denken) einen Präsidenten auf vier Wochen. Es handelt sich eben nur um eine Wahl und diese wird ein erfahrener Beamter sicherlich gut leiten; wir wollen also die vorläufige Ernennung des Vorsitzenden der sogenannten Constituirnng des Hauses durch Vorprüfung und Prüfung der Wahlen voranstellen und halten dies für ganz unbedenklich. Wenn die lvcalen Wahlbehörden ihre Pflicht gewissenhaft erfüllen und die Wahlacten rechtzeitig einsenden, andrerseits das Eindrängen Unbefugter mit strengen Strafen bedroht wird, so ist die Gefahr gering, daß Nichtgcwählte sich als Gewählte präsentiren, außerdem ist die Wahl nicht sehr präjudicirlich, denn sie erfolgt nur auf vier Wochen und in dieser Zeit werden dann die Wahlprüfungen stattfinden. Es ist aber dringend zu wünschen, daß die definitive Wahl dann für die Dauer der ganzen Legislaturperiode gelte. Um zu der nchtigcn Auffassung der Stel­lung eines Präsidenten zu gelangen, müssen wir dahin kommen, die Wahl dem Parteiwescn zu entrücken. Gewöhnlich ist leider die Wahl die erste Gelegenheit, bei der die Parteien ihre Stärke messen; zerbröckeln sich dieselben in viele Fractionen, so haben wir ein unerquickliches Feilschen ihrer Stimmen zu er­warten. Wir meinen aber, für einen Präsidenten ist nur darauf zu sehen, daß er eine geeignete Persönlichkeit für seine Stelle sei, Integrität, Unparteilichkeit, Klarheit der Auffassung und Schärfe der Fragestellung, imponirende Persönlich­keit, das ist es, worauf es für den Vorsitzenden einer parlamcntarischcn Ver­sammlung ankommt; der Mann, der diese Eigenschaften im höchsten Grade besitzt, sollte gewählt werden, mag er sonst in seinen Politischen Ansichten auf der Rechten oder der Linken stehen. Außer diesen Eigenschaften gehört zu den be­sonderen Tugenden eines Präsidenten auch die genaue Kenntniß der Persönlich­keiten des Hauses, diese sammelt sich aber erst allmälig aus der Erfahrung und ein öfterer Wechsel im Vorsitz stellt die zweckmäßige Benutzung derselben in Frage; deshalb wünschen wir lebhaft den Präsidenten auf die Dauer der Legislaturperiode gewählt zu sehen. Sollte die Versammlung gegen einen Präsidenten entschiedene Beschwerden haben, so bieten sich ihr so viele Mittel, ihm sein an sich schon sehr beschwerliches Amt unleidlich zu machen, daß es ihr ein Leichtes sein wird, ihn zum Verzicht zu bringen.

Im Allgemeinen aber darf man annehmen, daß nichts so sehr wie die