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Luxemburg und die Mainlinie.
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bei dem besten Willen ihrer Regierungen können sie aus eigenem freien Entschlüsse weder die allgemeine Wehrpflicht, noch die größeren Prästationen zur Erhaltung eines Kontingents aufbringen, welches der Organisation des norddeutschen Bundes völlig entspricht. Nur eine feste Verbindung mit Preußen und dem Bunde vermag diese Landschaften davor zu bewahren, daß sie bei nächster Ge­legenheit den Oestreichcrn oder Franzosen anheimfallen, und diese Verbindung, zunächst die militärische, wird den Negierungen und Völkern nicht verschafft werden können, ohne eine gewisse freundschaftliche Mahnung des Nordens um die Sachlage zart auszudrücken. Aber jedes Uebergreifen Preußens und des Bundes über die Fiction der Mainlinie wird Geschrei im Auslande erregen, man wird darin eine Alteration der Verträge von Nikolsbmg finden. Unsere Lage wird fast unerträglich, weil sie jede Woche den Nachbarn in Frankreich und den Nachbarn jenseits der böhmischen Grenze Veranlassung giebt, uns ihre Einwendungen und Proteste zuzusenden und gegen uns zu conspiriren. An Handhaben dazu werden es weder einzelne Negierungen, noch einzelne Parteien fehlen lassen.

Deshalb vermögen wir uns jetzt der Friedensaussicht noch nicht zu freuen. Denn wir fürchten, auch wenn es uns gelingt, die luxcmburger Frage für einige Jahre aus der Welt zu schaffen, es liegt doch in der Hand unserer Nachbarn und Gegner, jeden Augenblick, der ihnen gelegen ist und uns ungelegen, ein neues Slrcitobject aufzufinden.

Die Empfindung, daß diese Unsicherheit doch unsere nächste Zukunft belasten wird, ist im Norden des Mains weit verbreitet, und daraus erklärt sich die Stimmung, welche in den letzten Wochen überall im Privatverkehr und in der Presse Ausdruck fand. Wir stehen gegen das Ausland durchaus auf der De­fensive, unsere Stellung in Luxemburg war uns durch europäische Sorge um die Eroberungssucht Frankreichs gegeben, diese Sorge ist zur Zeit nicht kleiner geworden, der Kaiser hat viel gethan, sie aufs Neue wach zu rufen, wir haben, so lange man in Frankreich als Recht beansprucht, sich in die innern politischen Umwälzungen der Nachbarländer einzumischen, keine Garantie, welche unsere nächste Zukunft vor solcher uns unerträglichen Einmischung bewahrt. Daher bei uns die Entschlossenheit, in dem gegenwärtigen Conflict mit Frankreich nichts zu bewilligen, was irgendwie das deutsche Interesse beschädigen kann. In dieser Festigkeit liegt auch Klugheit. Ein aufstrebender Staat darf sich nach keiner Richtung schwach zeigen.

Wenn wir deshalb jetzt auf die Besetzung Luxemburgs verzichten müßten, so dürften wir es nur thun, wenn wir dabei zugleich eine Sicherung gewönnen, daß ein näherer Anschluß der Südstaaten an den norddeutschen Bund uns keiner