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thümlichcn Anlage, nach den Motiven seiner Entstehung betrachtet. Was folgt daraus für die Frage nach der geschichtlichen Zuverlässigkeit seiner Erzählung? Wir brauchen es nach dem Bisherigen kaum auszusprcchcn, die Schlußfolgerung crgicdt sich von selbst. Je höheren Werth diese Schrift als Schlußstein der Entwicklung des urchristlichcn Bewußtseins besitzt, um so zweifelhafter wird ihr Werth für die Kenntniß von Thatsache», welche durch den Zeitraum von mehr als einem Jahrhundert von ihrer Abfassung entfernt sind. Je mehr darin die geschichtlichen Ereignisse einer beherrschenden Idee untergeordnet sind, um so weniger kann sie den Anspruch auf Objcctivität der Erzählung, auf geschichtliche Glaubwürdigkeit machen. Ihr Zweck ist nicht, Geschichte zu erzählen, sondern die Geschichte nach höheren Gesichtspunkten frei zu gestalten, und an den drei ersten Evangelien besitzen wir eben den Maßstab für die Veränderungen, welche der vierte Evangelist für seine Zwecke mit dem überlieferten Stoffe vorgenommen hat. In demselben Maße, in welchem die Glaubwürdigkeit des vierten Evangeliums fraglich wird, steigt diejenige der Synoptiker. Dort haben wir eine jüngere, hier eine ältere, dort eine philosophisch gefärbte, frei componirte, hier eine den Thatsachen näher stehende, getreuere Darstellung. In allen Fällen, wo die Erzählung des vierten Evangeliums mit derjenigen der Synoptiker in Widerspruch kommt, ist die größere Wahrscheinlichkeit auf Seite der letzteren; ja, je durchgreifender die Verschiedenheit ihrer Darstellung von der johanneischcn ist, sind wir auf jene allein angewiesen, um uns noch ein annähernd zuverlässiges Bild von der geschichtlichen Gestalt Jesu zu machen.
Eine Shakespeare-Bearbeitung aus dem siebzehnten
Jahrhundert.
Wohl die interessanteste und für den Literaturfreund wcrthvollste Gabe zum diesjährigen Shakespeare-Jubiläum ist ein soeben in der weidmannschen Buchhandlung erschienenes Buch mit dem Titel „Kunst über alle Künste. Ein bös Weib gut zu machen. Eine deutsche Bearbeitung von Shakespeares Ide 'l'-rming ol' tlre Llrrow aus dem Jahre 1672. Neu herausgegeben mit Beifügung des englischen Originals und Anmerkungen von Reinhold Köhler."
Daß Shakespeare schon lange vor der Zeit, in welcher er in Deutschland