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Zur schleswig-holsteinischen Frage.
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mit sich führen könnte. Man hegt, so scheint es, die Besorgnis;, daß ein un­bedingtes Vertreten der schleswig-holsteinischen Selbständigkeit eine Koalition heraufbeschwören könnte, der Preußen möglicher Weise isolirt und auf seine eignen Kräfte beschränkt die Spitze zu bieten haben würde.

Diese Bcsorgniß entbehrt aber in jeder Beziehung der Begründung. Zunächst ist es klar, daß Preußen einer etwa sich bildenden Koalition nicht isolirt gegen­überstehen würde. Es würde aus den Beistand Deutschlands rechnen können, nicht etwa blos des schwerfälligen officiellen Deutschlands, wie es die Welt ats frankfurter Bundesversammlung kenm, sondern der gesammtcn deutschen Nation, die unbedingt Preußen jede Forderung zugestehen würde, die dieses zum Zwecke einer energischen Kriegführung und Politik zu stellen hätte. Mag immerhin selbst in einigen liberalen Kreisen Deutschlands die Borussovhobie auch in dem gegenwärtigen schicksalsvollen Augenblicke die Stimme des Patriotismus und der gesunden Vernunft gewaltsam unterdrücken, wenn Preußen das richtige Wort gesprochen haben wird, wird es das Volk und die Regierungen fort­reißen und allen kleinlichen Eifersüchteleien Stillschweigen auferlegen. Daß aber Preußen an der Spitze Deutschlands eine Koalition, die schon bei ihrem Entstehen die Keime des Zerfalles in sich tragen würde, nicht zu scheue» braucht, darüber herrscht wo1)l in Preußen, und wie wir glauben in Deutsch­land nur eine Stimme.

Somit ist also eine Jsolirung Preußens unter keinerlei Umständen zu fürchten, uud es könnte in der Gewißheit', die Gesammtkraft Deutschlands auf seiner Seite zu haben, der Bildung jeder Koalition mit Nuhe entgegensehen. Wir glauben aber auch ferner die Behauptung wagen zu dürfen, daß die Ge­fahr einer Koalition gegen Preußen, wenn überhaupt vorhanden, jedenfalls im weiten Felde liegt. Einen wirtlichen Eifer, Dänemark aus seiner bedrohten Lage zu reißen, hat bis jetzt nur England bewiesen. Ob dieser Eifer auf einer vernünftigen Anffassung der Verhältnisse, oder auf einer fixen politischen Idee beruht, ist gleichgültig, die Thatsache steht fest, daß England seinen ganzen diplomatischen Apparat aufgeboten hat, um den Zerfall der dänischen Monarchie zn hindern. Eine ganz andere Frage ist, ob es die Neigung hat, seine diplomatischen Anstrengungen auch mit den Waffen in der Hand zu unterstützen. Wäre dies unbedingt der Fall, so würbe es unerklärlich sein, daß es nicht be­reits im März eine Flotte in die Ostsee geschickt hat, daß es den Fall der düppcler Schanzen ruhig bat geschehen lassen, ohne auch uur Miene zu machen, die wichtigste Stellung des befreundeten Staates mit wirksameren Mitteln als russischen Noten zu stützen. Es läßt die Haltung Englands, so weit sie über­haupt eine Erklärung zuläßt, sicb nur so erklären, daß England ein isvlirtcs Vorgehen gegen Deutschland scheut, daß es aber im Verein mit den andern Großmächten, besonders mit Frankreich, im äußersten ihm selbst sehr uncrwünsch-