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Die Shakespeareaufführung zum Shakespearefest in Weimar.
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Auch der Anfang des vierten Acts entspricht dem shakespeareschein die Hofscene mit der Botschaft von Frankreich und Warwick. Die folgende Scene dagegen bringt wieder große Umgestaltungen des shakespeareschcn Textes, Dingel- stedt läßt die Sachen so verlaufen: Margarethe dringt zu den Zelten Warwicks König Eduard gefangen und erzählt die Art der Gefangcnnehmung in aus­führlicher Weise, während dieselbe bei Shakespeare sehr knapp und consns dramatisch vorgeführt wird. Endlich erheht sich noch zwischen der Königin und Warwick ein Streit, weil der letztere den König m ritterliche Haft giebt, während die Königin ihn getödtet wissen will. Alles dies gehört in dieser Form dem Bearbeiter an. Der letzte Auftritt des Acts (Shakespeare IV. 6), welcher im Tower spielt, ist, wie ich denke, wesentlich erweitert und, wie mir scheint, etwas zu lang geworden: jedenfalls sind die Reden des jungen Riclunvnd Zu­satz des Bearbeiters. Die Frage des Kindes an Heinrich:Bist du ein König?" ist in ihrer pointirtcn Naivetät von großer Wirkung,

Für die erste Scene des fünften Aufzugs sind IV, 7 und 8 mit V, 1 des Originals zusammengezogen: Eduard verhandelt mit Warwick, Nachricht von Heinrichs Gefangennahme, Zuzug Verschiedener und Wicderabfall von Clarence. (Beiläufig will ich bemerken, das; mir die Aenderung derhastigen Deutschen", wie Schlegel I>g,8t^ (jcrmMs übersetzt hat, inrohe Deutsche", wie ich wenig­stens zu verstehen geglaubt habe, nicht glücklich scheint). Die folgenden Scenen bringen den Tod Warwicks und die Gcfcmgennehmung der Königin: übrigens ist auch hier vieles umgestaltet und anders geordnet, sowie dann bei der Er­mordung des Prinzen Eduard der Schmerz und die Verzweiflung der Mutter viel weiter ausgemalt ist. Der Prinz stirbt mit den Worten:Lieb Mütterlein, gute Nacht" und Margarethe verfällt in eine Art von Wahnsinn und begleitet die Leiche, die Träger bittend, Eduard nicht zn wecken. Das alles ist sehr modern und sticht gegen die Kraft der shatespeareschen historischen Tragödie auffallend ab. Hieran schließt Dingelstedt gleich die letzte Scene des Originals und läßt erst dann die Ermordung Heinrichs durch Moster folgen; auch hat er dieser Ermordung eine Einleitung vorgesetzt, in welcher Heinrich einen Traum erzählt, der seinem Sohne, wie er denkt, Glück bedeuten soll: der Zuschauer, welcher den Tod des Prinzen kennt, faßt den Sinn des zweideutigen Wahr­zeichens in seiner wahren unglückseligen Bedeutung. Aber sollen wir hier nicht wieder einmal nach der Berechtigung, ja selbst nur nach der Zweckmäßigkeit der Aenderung fragen? Ist der Eingang der Scenen, wie ihn Shakespeare hat:

Kloster.

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H,z?, in^ goocl lorä: mz-^ lorä, I suoulä ss.^ latlier. gerade' durch den Mangel aller Einleitung, durch den unvorbereiteten, abrupten Grenzboten II. 18ö4. 34

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