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Männer in den Berg. In dem alten Volksliede vom Ritter Tannhäuser wird uns berichtet, wie der Ritter sich durch Anrufung der Jungfrau Maria von der Göttin löst, aber von dem harten Papst verworfen, auf den Christenhimmel verzichtet und wieder zur Heideugöttin zurückkehrt.
Wenn das deutsche Volk seine höchsten Götter im Berge Hausen ließ, so ist ihm auch eigenthümlich, daß es dieselben Gestalten als Menschenbeherrscher im Lande umherziehend dachte, wie sie von Ort zu Ort schweben, Leben und Tod ihres Volkes weihend. Auch hier bewahrt Thüringen zwei Sagenkreise in schöner Vollständigkeit.
Zunächst die Erinnerung an Wuvtan, den gewaltigen Schlachtengott. Er selbst in der Heidenzeit eine riesige Grcisengestalt in dunklem Mantel, mit herabhängendem Hut, auf weißem Rosse durch die Lüfte reitend, hinter ihm sein kriegerisches Gcistergefolge, die Schlachtjungfrauen, welche die Seelen gefallener Krieger von der Wahlstatt in des Gottes Behausung geleiten, und die Geister der gefallenen Helden, so brauste der Geisterzug in Zeiten der Noth und Gefahr, vor Krieg und Schlachten durch die Lüfte, dann flogen die Raben des Gottes um sein Haupt, seine Kriegshunde heulten, die Rosse schnoben Feuer, die Wipfel der Bäume bogen sich; dann warf sich der sterbliche Mensch auf das Antlitz, mit Halloh und Sturmesbrausen durchfuhr Wuotans Herr die Gaue, der Göttervater weihte den Kampf seines Volkes, kor die Sieger und die er durch den Tod zu sich Heraufziehen wollte. Aus der Bezeichnung Wodans Heer hat das Volk im Mittelalter das wüthende Heer gemacht, die wilde Jagd. Der große Asengott ist in einen Jäger verwandelt, er hat hier und da sogar die Namen eines Menschen erhalten, aber die Lebendigkeit, mit welcher unser 'Volk noch heut die Sagen vom wilden Jäger bewahrt, ist ein Beweis, wie mächtig und großartig der Eindruck war, den der reisige Zug des Asengottes einst machte. Noch braust der Zug nach der Meinung der Landlcute über die Fichten des thüringer Waldes, beim Hörselberg weiß man, daß die wilde Jagd dort aus und einzieht, man sieht Noßtapfen vor der Höhle des Berges und hört drinnen Trimmen und Getümmel.
Aber nicht nur im Kriegssturm durchfuhren die Götter die Landschaft, auch friedlich durchzogen sie die Dörfer. Höfe und Fluren, um die Arbeit ihres Volkes zu segnen. Diese friedlichen Umzüge waren die großen Feste der Landschaft, schon den Römern siel das festliche Umherziehen der Götterwagen und Bilder durch die Landschaften auf, die christliche Kirche des Mittelalters, ängstlich bemüht, das Heidnische zu vertilgen, das Unvertilgbare aber eng mit sich zu verbinden, bewahrte lange dieselbe heidnische Gewohnheit. An Stelle des 'Fahrzeuges und Bildes der Göttermuttcr wurde das Bild der Jungfrau Maria, oder eines vornehmen Heiligen durch Stadt und Dorf und rings um die Grenzen der Flur in festlicher Proccssion getragen. Diese Festzüge um die