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Aus Bayern.
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gab diesen Männern in manchem Punkte nach, den sie gegen jene mit äußerster Heftigkeit aufrecht erhalten hatte. Aber auch das Zustandekommen dieser Ge­setze: der Trennung der Justiz und der Verwaltung, des Strasprocesses, des Notariats hat seine geheime Geschichte; auch auf diesem Gebiete mußte dies und jenes Zugeständnis) noch im letzten Augenblicke dem Könige abgerungen werden, dessen Verweigerung die ganze Gesetzgebungsarbeit illusorisch gemacht hätte; nur daß es jetzt nicht mehr eine Opposition der Kammern war, die gegen den König anzukämpfen hatte, sondern daß dieser Kampf den Ministern selbst nicht erspart blieb, denen jetzt, wie früher der Opposition, die Fiction derKron­rechte" entgegengehalten wurde. Hauptsächlich aber galt es, die große Unent- schlossenheit des Königs zu überwinden, welche, es wäre ungerecht dies zu ver­schweigen, aus den reinsten Motiven, aus einer übertriebenen, skrupulösen Gewissenhaftigkeit entsprang. Diese trieb den ängstlich Zweifelnden von einem Rathgeber zum andern und verzögerte jeden Entschluß. Man weiß jetzt, be­sonders seit der Veröffentlichung des Scctionsbefundes. daß das körperliche Leben dieses Fürsten seit einer langen Reihe von Iahren ein fast unausgesetztes Leiden war. Dieser Thatsache gegenüber verstummt mancher Vorwurf, der früher gegen den König ausgesprochen wurde. Keiner schien gerechtfertigter, als der, daß er niemals mit den Ministern selbst arbeite, sondern ihre Vorträge nur schriftlich durch den Chef des königl. Sccretariats entgegennehme und be­antworte.

Es war ein Glück für Bayern, daß der Mann, der diese einflußreiche Stellung unter bescheidenem Titel einnahm, ein durchaus ehrenwerther Mann war; denn es ist kaum zu ermesse», welches Unheil eine solche Cabinetsregierung im Gefolge hätte haben können. Auch in dieser Frage ist man jetzt geneigt, den König durch seine leidende Gesundheit für entschuldigt zu halten, wie denn selbst der Münchner nun seine Entrüstung über die häusige Abwesenheit Maxi­milians des Zweiten aus seiner getreuen Hauptstadt bereut und begreift, daß es einem kranken Manne Bedürfniß war, die lauen Lüste des Südens mit den Winterstürmen des tückischen Münchener Klimas zu vertauschen.

Es kann keine Frage sein, wie diese Blätter die deutsche Politik des bayerischen Königs beurtheilen. Maximilian der Zweite hatte eine hohe Mei­nung von der Bedeutung des Staates, den die Wittelsbacher regieren. Die letzten trüben Tage seines Lebens mögen ihm auch hier manche lieb gewordene Illusion benommen haben. Zwar war ihm die Freude zu Theil geworden, als der Hort Deutschlands und Schleswig-Holsteins in und selbst außer Bayern gefeiert zu werden, aber die Einsickt, daß er der Aufgabe nicht gewachsen sei, die erdrückend groß an ihn herantrat, mag ihn tief gebeugt, mag seinen Tod beschleunigt haben. Ein trotz alledem ehrendes Zeugniß. Denn wir werden dem Verstorbenen, auch von unserm Standpunkte aus, die Anerkennung nicht

Grenzbotcii II. 1864. - 19