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Der Mythus der Niobe.
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Grohhcrzog von-Toscana bezieht.Seine Hoheit weiß bereits." heißt es da, daß vierzehn Statuen von guter Künstlerhand gefunden wurden, welche die Geschichte der Niobe vorstellen. Unter andern ist da eine Gruppe von zwei Figuren, welche sehr schön sind. Und zu vielen derselben hat man die Köpfe wiedergefunden und auch Arme. Sie haben alle schöne Köpfe, aber die Haare sind nicht allzuscköu und nicht sehr vollendet. Ader der Besitzer hat bereits eine große Meinung davon, soweit ich habe entnehmen tonnen, als ich mit ihm in die Vigna ging, wo er sie gefunden hat und er läßt fortwährend graben, weil er noch die ganze Geschichte (wta, lcr Ltoiia) zu finden hofft."

Nach dem Bericht über die Entdeckungen mustert der Verfasser die über alle gewöhnlichen Ansichten binausgehcude Zahl von Wiederholungen einzelner oder mehrcr dieser Statuen, welche fast alle auf dem Boden von Rom ent­standen sind. Aus der Geschichte jener florentincr Gruppe, die hier durch die erstmalige Benutzung interessanter Funkberichte und die ältesten Abbildungen sicher gestellt wird, lernen wir Exemplare einzelner Statuen kennen, welche an Kunstwerth die flvrcntinische Gruppe weit übertreffen. Es öffnet sich hier der Blick auf eine Thätigkeit des Nachbildens berühmter griechischer Originale, von welcher man bis jetzt kaum eine Ahnung hatte. Das verlorene Original aber aller dieser Nivbecvpien war immer jene Gruppe, welche nach des Plinius Bericht einst den Tempel des Apollo Svsianus rn Rom schmückte. Winckclmann fand in den Niobiden das Ideal der höchsten Schönheit, eine Schönheit, die in unsern Tagen unbestritten anerkannt und allbekannt ist. Ob Praxiteles oder Stvpas als Urheber dieser Meisterwerke angeschen werden darf, bleibt unent­schieden. Für den Verfasser scheint ein größeres Gewicht auf Seiten de-s Stvpas vorzuliegen, doch ist ihm die Verwandtschaft der beiden Künstler in der Wahl der Gegenstände, in geistiger Auffassung und technischer Vollendung zu bedeutsam, um die Zweifel der römischen Kunstlichter ohne neue Thatsachen beseitigen zu wollen. Was die besondere Namensbezeichimng des römischen Apollvtempcls betrifft, in welchem dieses Kunstwerk aufgestellt war, so führt der Verfasser sie auf einen politisch und militärisch im Orient bcrühmr gewordenen Römer, C. Sosius, zurück, dessen Wirksamkeit zur Zeit von AntoniuS Allmacht im Orient seinen Höhenpnntt erreicht hatte. Von ihm ist berichtet, daß er aus Seleucm die cederne Apollostatue, das Tcmpelbild des genannten Hciligthums, nach Rom gebracht habe. Der Verfasser glaubt aus verschiedenen genau erörterten Grün­den dies auch von der Nivbidengruppc annehme» zu dürfen, doch würde hier nicht an das spätere syrische Selcucia zu denken sein, sondern Seleukeia in Kilikien, an dem Flusse Kalikadnos, das frühere Holmvi, bei welchem zunächst ein altes Heiligthum des Apollo» Sarpedonius sich befand. Hier, im Bereiche des Tem­pels der Kinder der Leto und eines Heros, uuter dessen Gestalt man sich die Gewalt des in der Jugend rasch dahinraffenden Todes vergegenwärtigte, mochte