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Der Mythus der Niobe.
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zu den Reliefbildungen, den Ucbcrgangsgattungcn. endlich zu der schwierigen Betrachtung der Statuen in ihrer Einzelerscheinung wie in ihrer möglichen oder wahrscheinlichen Gesannntgruppirung," und die gelehrte Uebcrschau fördert einen Reichthum zu Tage, welchem keine Gattung der antiken Kunstübung und kein Poetisches Moment des Mythos fremd geblieben ist. Eine besonders vielfältige Behandlung ist dem Nivbemythus in der Gefäß' und Wandmalerei zu Theil geworden. Das Jugcndbündniß der Leto und Nivbe,- die, wie Sappho sang, gar liebe Freundinnen waren/' Niobes stolzes Zürnen über die göttliche Ver­herrlichung der Gefährtin, die Nivbiden von der Rache der Letokinder getroffen, Niobe über den. Leichen trauernd, oder auf dem Grabhügel sitzend, sind Ge­genstände der verschiedenartigsten Darstellungen geworden. Die erhaltenen Ne° liefbildungen zeigen sich ihrer Mehrzahl nach als Neste von Grabdenkmalen und es waren Niobidendarstcllungcn ein häusiger Schmuck aus Sarkophagen, wie denn die Münchner Glypthothek einen solchen, hier zum ersten Mal veröffentlichten Schatz zu bewahren hat. , Ein größeres in Abbildung beigegebenes Relief (wahr­scheinlich Tempelrelicf) im Jahre 1848 zuerst in der Sammlung des Ritter Campana ausgestellt, jetzt im kaiserlichen Museum zu Petersburg befindlich, fesselt durch wunderbare Schönheit und ergreifende Wahrheit der Komposition und Ausführung. Die Bekanntschaft Mit diesem ausgezeichneten Kunstwerke ver­dankt man gleichfalls dem vorliegenden Buche, in welchem es zum erste» Male zur öffentlichen Kenntniß gebracht ist. Ein anderes Relief, der Villa Albani zugehörig, stellt sich als frei behandelte Copie dem campanascben zur Seite. Auch in der Stcinschneidekunst wurden einzelne Motive aus größere» Kompo­sitionen' mit Vorliebe behandelt; für den Archäologen einer dcr feinsten und, interessantesten Gegenstände zur Verglcichung. Als Uebcrgang von dem Relief zu den statuarischen Bildungen haben sich merkwürdige Bildwerke des Niobe- kreiscs in den alten Gräbern bei Kcrtsch und in Apulien gcfnnden. Tcrracotten- statuen, für die Aufstellung an einer Wand, d. h. nur für die Vorderansicht berechnet, deren eine auf Tafel 5 abgebildet ist. welche sich durch ihre Aehnlich- kett mit einer christlichen Picta fast seltsam auszeichnet.

Nach diesem Ucberblick eines Bilderkreises, welcher die ganze Stufenleiter von dem leidenschaftlichst bewegten Leben bis zur starren Ruhe des Todes vor unsern Augen entrollt, wendet sich dcr Verfasser schließlich zu der im Jahre 1L83 zu Rom aufgefundenen Marmorgruppc der Niobidcn, die sich jetzt im Ufficienpalast zu Florenz befindet.

Wir können uns nicht versagen, hier einen in dem Buche mitgetheilten Brief des florentinischen Bildhauers Valerio Cioli an Antonio Serguidi, den Gehcimsecrctär des Großherzogs Francesco des Ersten, vom 8. April 1583 an­zuführen, welcher sich aus die Auffindung dcr Statuen in einem Weinberg v,or dem Thore St. Giovanni zu Rom und auf den Ankauf derselben durch den