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fachsten, fehlt diese Form der Fortpflanzung. Die ausnahmslose Nothwendigkeit des Zusammenwirkens der beiderlei Organe zur Hervorbringung eines neuen Keimes bietet uns die schlagendste Analogie mit der thierischen Zeugung, und es verdient diese Vermchrungsweisc der Gewächse mit vollstem Recht die allgemein ihr, beigelegte Bezeichnung der geschlechtlichen.
Wir stehen hier vor einem der tiefsten Geheimnisse der organischen Natur. Wozu die umständliche, in ibrem Gelingen nur zu häufig von Zufälligkeiten abhängige geschlechtliche Befruchtung, da doch die Pflanze so oft auch andere einfachere Mittel und Wege der Fortpflanzung besitzt? Wäre das Ergebniß der Befruchtung lediglich die Vermehrung der Individuenzahl, so müßte sie uns bei vielen Pflanzen als eine überflüssige Einrichtung erscheinen. Fern sei uns der vermessene Versuch, durch bodenlose Vermuthungen die weit gähnende Lücke unserer Kenntniß auszufüllen. Unsere Aufgabe soll eine bescheidnere sein. Wir wollen in raschem Ueberblick die wesentlichen Erscheinungen der mannigfaltig verschiedenen Formen geschlechtlicher Fortpflanzung der Vegetabilien nebeneinanderstellen, und so einige allgemeinere Gesichtspunkte für die Betrachtung des verwickelten Gegenstandes zu gewinnen suchen.
Wir können die Thätigkeit der Organe geschlechtlicher Fortpflanzung der Gewächse zurückführen auf das Zusammenwirten einer Zelle des befruchtenden Organes mit einer Zelle des keimbercitenden: auf das Zusammenwirken zweier der Hohlkörper mit für Flüssigkeiten und Gase durchdringbaren Wänden und wasserhaltigem, flüssigem und festem Inhalte, aus denen die Pflanzen aufgebaut sind. Bei den blüthentragenden Pflanzen sind jene Befruchtungswerkzeuge in Form und innerem Baue von den übrigen nicht allzusehr abweichende Blätter. Die Anhäufungen solcher Blätter, einer oder beider Arten, und der in Kreisen sie umstehenden durch Form und Farbe von den Laubblättern verschiedenen Hüllblätter an den Enden bestimmter Zweige stellen das dar, was wir die Blüthen der Pflanze zu nennen gewohnt sind. Diejenigen Blätter, welche die befruchtenden Zellen in sich erzeugen, führen die Namen der Staubblätter, Staubgefäße, Stamina. Bestimmte Zellen der inneren Gewebe dieser Blätter treten aus dem organischen Zusammenhange mit den übrigen; sie sind, bei der völligen Ausbildung, der Reise des Staubblattes, frei liegende einzelne Zellen oder Zellengruppen, denen durch die Entstehung von Oeffnungen in den äußeren, oberflächlichen Zellschichten des Staubblattes die Möglichkeit gegeben wird, ihre Bildungsstätte zu verlassen. Mit seltenen Ausnahmen ist der Entwickelungsgang der Art, daß in dem oberen, anschwellenden Theile des Staubblattes, welcher Anthere oder Staubbeutel genannt wird, vier parallele Längsreihen von größeren Zellen sich aussondern; daß dann der Zusammenhalt dieser Zellen unter sich und mit den übrigen Geweben der Anthere gelockert wird. Darauf entstehen in jeder der frei gewordenen Zellen durch Theilung ihres Jnnenraumcs vier