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Die geschlechtliche Fortpflanzung der Gewächse.
Die Schnelligkeit der Kolonisation weiter Landstriche durch Culturvölker der alten und der neuen Zeit erregt stets aufs Neue unser gerechtes Erstaunen. Nicht ohne Selbstgefühl Pflegen wir uns zu sagen, daß unter den modernen Nationen vor allen die germanischen Stammes es sind, welche das stärkste Ausbrcitungsstrcben. den erfolgreichsten Trieb der Besitznahme wüsten oder schlecht bewirthschafteten Bodens kund geben. Und doch, was ist die rasche Germani- sirung der jetzt deutschen Länder rechts der Elbe, was die reißend schnelle Besetzung der weiten Contincntc Nordamerikas und Australiens gegen die Eile und die Energie, mit welcher die Pflanzenwelt den Besitz herrenlosen Bodens ergreift? Wo immer nur auf der Erde, unter Verhältnissen, welche überhaupt eine Vegetation gestatten, ein vegetationsleerer Raum gebildet werden möge, da bekleidet er sich binnen kürzester Frist mit einer Pflanzendecke. Die neuen Ansiedler sind allerwärts die Nachkommen von Pflanzen anderer Standorte, keine neuen Erschaffungen. Die Erfahrung lehrt uns dies mit ausnahmsloser Giltigleit. für den Anflug junger Birken auf der Stätte eines Waldbrandes so gut, wie für den Ueberzug von Schimmel, der auf einer feuchten Brodkruste sich bildet. Der neue Boden wird bevölkert durch die Ankunft zur Weiteren!- Wickelung gelangender Keime, aus dem Zusammenhang mit dem Mutterstock gelöster Theile von Individuen anderwärts gewachsener Pflanzen.
Solche vom mütterlichen Organismus sich trennende, der selbständigen Vegetation fähige Keime sind bei nicht wenigen auch der zusammengesetztest gebauten Pflanzen unmittelbare Hervorbringungen der ununterbrochen verlaufenden Entwickelung. Die Brutzwiebeln vieler Lilien und Laucharten, die Knollen der Kartoffeln, die Ausläufer der Erdbeerstauden — sie alle sind in der Ent- faltung nur wenig von den übrigen Sprossen der Mutterpflanze abweichende Zweige, alle mit dem Vermögen begabt, nach Abtrennung von dem Stammgewächs für sich allein sortzuwachsen. Unter den Gewächsen einfacherer Organi- sation ist die Fortpflanzung durch Weitcrentwickelung aus dem Zusammenhange der Mutlerpflanze ohne weitere Vorbereitung sich lösender Theile von ausgedehntester Verbreitung. Aber ungleich häufiger, als diese Fortpflanzung durch Brutknospen oder durch Theilung ist unter den complicirter organisirten Gewächsen diejenige, bei welcher es der Einwirkung eines nur für diese Thätigkeit bestimmten Organs auf ein anderes eigenthümliches Gebilde bedarf, um das letztere zur Fortentwickelung auch nach seiner Abtrennung von der Stammpflanze zu befähigen. Und keinem Typus pflanzlicher Gestaltung, auch nicht dem ein-