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Zur Geschichte des Urchristenthums : 2. Leben Jesu von Strauß.
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Wahrheit zu verdien oder zu verhüllen. Ebeu diese Selbsttäuschungen wur­den von Strauß in ihrer ganzen Nichtigkeit blosgelegt. Wurden d.e biblischen Berichte wie die Zeugen in einem Kreuzverhör Aug in Auge gegen ernandc, vorgesübrt. so richteten sieb die schärfsten Waffen der Kritik doch erst gegen d.e modernen Auslcguugstunstler aller Scbattirungen. welche dem Resultat i.ene. Zeugenverhörs auszuweichen, es in Objectivem Interesse umzubiegen oder ab­zuschwächen versuchten; mit wahrem Behagen ging ihnen der Knitter ^en heimlichen Wegen nach und ertappte sie aus ihren Trugschlüssen und kleinlichen Künsten, bolte die Ausreißer zurück, schlug sie mit ihren eignen Worten; da war kein Entrinnen, die Gegner waren iu ihren eignen Schlingen gefangen, und das Ergebnis; war ans allen Punkten das. daß die biblische Erzählung weder in ihrer ursprünglichen Einfalt noch in ihren rationalistischen und supra- naturalistischen Auslegungen sich vor dem modernen Bewußtsein balten tonne.

So weit war nun der negative Charakter der straußschen Kritik sett'ft- verständiich. Aber wie verhielt es sich nun mit dein Leben Jesu selbst, von dem man erwarten konnte, daß es nach Abstreifung der mythischen und dog­matischen Borsteltungen in seiner reinen Geschichtlichkeit hergestellt wurde? ' ist kein Zweifel, daß auch in dieser Hinsicht das Ergebniß des straußschen Buchs cm negatives ist. Es waren nicht blos die bisberigen Borstellungen vom ^eben Icsu durch die Kritik beseitigt, sondern es waren auch dessen geschichtliche Grundlagen auf allen Punkten in Frage gestellt. Die Möglichkeit einer ge­schichtlichen Erkenntniß wurde zwar nickt ausdrücklich in Abrede gezogen. aber das gesammte Material, welches für diesen Zweck einzig vorlag, wurde nach eindringender Prüfung Stück für Stück alö untauglich für diesen Zweck erklart. Das einzig Positive war nur dies, daß in der mythenbildenden Phantasie der jungen Gemeinde geschichtliche Factoren aufgezeigt wurden. Aber wenn es sich "uch im Allgemeinen erklären ließ, wie die in der Zeit liegenden messiamscken Vorstellungen später auf die Person Jesu übertragen wurden, so war damit für den wirtlichen Verlauf des Lebens Jesu nicht das Mindeste gewonnen. Strauß gab sich auch gar keine Muhe, d>> Negativität seines kritischen Ergeb­nisses in dieser Beziehung zu verbergen.' Er sagt es wiederholt, daß er bei der Beschaffenheit der Quellen aus eine pragmatische Darstellung Vollständig verzichte, daß er es vielmehr nur mit der Kritik der Berichte zu thun habe, und da diese, auch wo sie den Naturgesetzen nicht widersprechen, doch unter einander fast überall in Widerstreit sind, so hatte Strauß von den rein mythischen Er­zählungen, wie, in der Kindhcitsgeschichte u. s. w. abgesehen - fast bei jedem Abschnitt zu gesteheu. daß. sich bei der Beschaffenheit der Quelle» über den ge­schichtlichen Hergang nichts Gewisses oder aucl, nur Wahrscheinliches mehr er­mitteln lasse, ein abschließendes Urtheil wenigstens weiterer Forschung vor­behalten bleiben müsse. Selbstverständlich war dann nicht blos eine eigentliche