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Die alten und die neuen Parteien.
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Fragen; in Wahrheit waren es blos formelle Fragen, deren Voranstellung von Anfang an den Gang der Bewegung in ein schieses Bett brachte. Ihre theo­retische Natur steigerte nur die Hitze der Debatten, und als dann später die Hauptentscheidungm erfolgten und allerdings eine sachliche Trennung herbei­führten, war das Parteiwesen bereits so zerfressen, daß sich die zusammen­gehörigen Elemente nicht mehr zusammenzufinden wußten. Der leidenschaftliche Gang, 'den die Verhandlungen genommen hatten, machte nur noch prccäre Kompromisse möglich, von gegenseitigem Mißtrauen dictirt. Mit Mühe tam das Versassungswerk zu Stande, als die Autorität der Versammlung selbst längst dahin war.

Schon in diesen Tagen der Auflösung und Zersetzung wurde lebhaft gefühlt, wie verfehlt und unheilvoll die Parteibildung gewesen war. Bald wurden versöhnliche Stimmen laut, welche es aussvrachen, wie in der Linken sowohl als in der Rechten Elemente zu einer nationalen Partei liegen, die über dem gescheiterten Werk sich die Hände reichen mußten, um zu retten, was zu retten war und den Glauben der Nation an sich selbst aufrecht zu halten. Allein solche Mahnungen, wie gut gemeint sie waren, mußten damals ungehört verhallen. Die Leidenschaften waren noch zu mächtig, persönliche Kränkungen zu tief. Und die anarchischen Bewegungen, welche aus der einen Seite aus­brachen, während auf der andern die Vertrauenden von den Regierungen von einer Täuschung zur anderen geführt wurden, fügten zu dem alten neuen Stoff der Verbitterung. So gründlich waren die Verheerungen, welche in die liberale Partei eingerissen waren, daß ihre Wirkungen sich über die ganze Reactions­zeit erstreckten.

Das öffentliche Leben hatte sich in die Einzellandtage zurückgezogen, wo der siegreichen Reaction überall nur, eine kleine Opposition gegenüberstand, die noch schwächer war durch den Zwiespalt im eigenen Lager. Die Demo­kratie war theils zersprengt, theils hielt sie sich schmollend zurück; wo sie sich am öffentlichen Leben betheiligte, war sie machtlos. Aber auch die altliberalen Elemente hatten an Kraft und Zahl schwere Einbuße erlitten. Nicht alle be­wiesen den Muth, den damals der Führer der frankfurter Rechten zeigte, als er in Berlin Jahre lang einen fast aussichtslosen Kampf gegen die Reaction unerschüttert fortsetzte. Die deutsche Frage ruhte. Es war die erste Wendung zum Besseren, als in den Kammern der kleinen Staaten Beschlüsse für das Recht Kurhessens und Schleswig-Holsteins, dann auch in der deutschen Frage zu Gunsten einer Centralgewalt und eines Parlaments" sich hervorwagten. Aber eine Ueberwindung jener Partcigegcnsätze und somit ein gedeihliches Wirken für die nationale Sache war erst möglich, wenn infolge allgemein zündender Ereig­nisse das durch die Reactionsjahre erschlaffte Volk sich wieder in selbstthätiger Kraft regen lernte, und es fragte sich, ob dann die Leitung der Bewegung mit Er-