Beitrag 
Ueber Unechtheit und Ursprung der Matinées royales. 2.
Seite
518
Einzelbild herunterladen
 

518

bildete sich selbst am Hofe eine Partei gegen ihn und im April 1764 verlor er in der Pompadour eine starke Stütze.

Der Haß gegen Friedrich den Großen konnte nach diesem Frieden nicht geringer werden. Es ist nicht einmal zu einem Friedensschluß zwischen Frank­reich und Preußen gekommen. Auch nach dem Frieden hielten noch französische Truppen das preußische Cleve besetzt. Friedrich ließ ein kleines Corps auf­brechen, um sie zu vertreiben. Sie räumten Cleve auf gute Manier.

Die diplomatischen Beziehungen wurden zwischen Frankreich und Preußen nicht wiederhergestellt, noch in der Mitte 1765 war kein französischer Gesandter für Berlin, kein preußischer für Paris ernannt. Es ist vielleicht nicht ohne Beziehung, daß Grimm in jenem zweiten Briefe über die Natiu^ss vom 7. Juni 1765 auch über diese andauernde Entfremdung der beiden Höfe klagt und den Plan entwirft, die Wiederherstellung wenigstens der gewöhnlichen Beziehungen zu vermitteln. Er sagt, er wisse längst, daß Friedrich den Herzog v. Praslin achte, und habe seitdem erfahren, daß er den Herzog v. Choiseul werthschätze. Grimm äußert sich aber nicht über die Gesinnung des Herzogs v. Choiseul oder der andern französischen Machthaber gegen den König. Die Politik war Von den persönlichen Verhältnissen beherrscht, es ist nicht Preußen, sondern der König von Preußen, den man in Versailles haßt.

Auf diesem politischen Hintergrunde erscheinen plötzlich zu Ansang des Jahres 1765 zu Paris die handschriftlichen Nat-mees,

Fragt man, wem die Natw^ös am meisten nützen konnten, so war es ohne Zweifel die am versailler Hofe herrschende Partei. Denn diese Schrift zeigte, daß man es mit einem an sich unbedeutenden, aber in teuflischer Weise denkenden und handelnden, kein Mittel verschmähenden Feinde zu thun gehabt habe; die Niederlage, welche Frankreich erlitten hatte, war die, welche die Tugend von dem Laster erleidet. Der vom pariser Publicum bewunderte Frie­drich war verabscheuungswürdig, er war zugleich lächerlich und verächtlich gemacht.

Interessant ist es zu sehen, wie in den Natii^ös nichts gegen die fran­zösische Regierung und Frankreich vorkommt. Eine Stelle am Schluß des Ab' schnitts über Kleidung, wo von den in Vergnügungen, Bällen und Ausschwei­fungen lebenden Fürsten die Rede ist, welche sich ausschließlich mit den Frauen beschäftigen, läßt sich allerdings auf Ludwig den Fünfzehnten beziehen, fehlt aber in den Handschriften von 1765.

Ebenso ist es auffallend, wie in den Natmvös für die Tüchtigkeit der Armee Friedrichs sich nirgend ein Wort, dagegen stets die Hindeutung findet, daß es ihm nur gelungen sei, seinen Truppen einen Anstrich von Ueberlegen- heit zu geben. In der sechsten Ng,tm6ö ist dieses noch viel auffallender, dem preußischen Offizier wird hier ein Lcben voll Schande zugeschrieben, mit den