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Die Polen und die preußische Regierung.
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sichten abgeschlossene Auslicferungsverträge in so willfähriger Weise gedeutet werden.

Die Supcriorität, welche diese Maßregel anderen fremden Mächten gegen Preußen gegeben hat, wird von dem preußischen Volk bereits mit tiefer Scham empfunden, Selbst das Eine vermochte Herr von Bismarck nicht, was man von dem früheren Gesandten in Paris als selbstverständlich erwarten durfte, er vermochte nicht, sich ein Urtheil über die Stellung des Kaisers Na­poleon zu der Convention zu bilden. Der Kaiser, dem die polnische Jnsurrectivn an sich betrachtet in diesem Augenblick nur Bedeutung hatte, insofern sie die Nüssen engagirte. tonnte keine willkommenere Gelegenheit erhalten, den populären Stimmungen seines Volkes nachzugeben, die Aufmerksamkeit von Mexico abzu­ziehen, sich ohne jede Gefahr liberal zu erweisen und Preußens Ansehn durch Aeußerungen der eigenen Humanität und Mäßigung hcrabzudrMen. Daß die Partei des Herrn v. Bismarck die sittliche Empörung des gesammtcn Europas über diese Convention nicht sehr schmerzlich empfindet, durfte nicht auffallend sein, sie ist in der letzten Zeit an jede Art von mißachtendem Urtheil gewöhnt worden. Daß man aber in Berlin keine Ahnung davon hatte, wie diese außerordentliche und leidenschaftlich erklärte Hinneigung zu Nußland den Westmächten allerdings Veranlassung zu Einmischungen gibt und wie sie das Gefährlichste für Preußen heraufbeschwört, eine Tripleallianz zwischen Frankreich, England und Oestreich, daß man von dieser Gefahr beim Abschluß der Convention gar keine Ahnung hatte, ist sehr seltsam, und man ist wohl zu der Ansicht berechtigt, daß es auf diese Weise in Preußen nicht mehr lange fortgehen kann.

Es ist die Annahme glaubhaft gemacht worden, Herr v. Bismarck habe vor Abschluß der Convention nichts davon gewußt. Diese Annahme ist wenig­stens nicht ganz begründet. Es ist möglich, daß der Plan zur Convention in militärischen Kreisen gefaßt wurde, denen die Erinnerung an Paraden preußischer Garden unter Kaiser Nikolaus mehr die Seele füllte, als die Rücksicht auf Wohl und Wehe preußischer Grenzdörfer; aber gewußt hat Herr v. Bismarck jedenfalls von der großen Action noch vor ihrem Abschluß. Dagegen wäre es ungerecht, ihm zur Last zu legen, was hier und da in der Presse über die ge­heimen Artikel des Vertrages verlautet, über noch geheimere Intentionen der Regierung und über vertrauliche Aeußerungen, die der offenherzige Minister­präsident hier und da ausgestreut habe. Es sei eine große Angelegenheit, un­gewöhnliche Vortheile stehen in Aussicht, die vierte Theilung Polens, Warschau u. s. w. Wie viel man seinen Gegnern auch von geistvollen Einfällen zutrauen möge, solches Schulknabengeschwätz sollte man preußischen Ministern nicht nach­sagen und wenn sie noch so sehr unsre Gegner sind. Denn dergleichen Pläne in der gegenwärtigen traurigen Lage des preußischen Staates in Angriff zu