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liche Bedeutung gewinnen. Und die Erwägung, ob wir einen solchen Staat im preußischen und deutschen Interesse zu wünschen haben oder nicht, ist geeignet, ernste Männer zu beschäftigen.
Die Convention, welche die preußische Regierung mit Nußland abgeschlossen hat, zeigt freilich, daß das gegenwärtige Ministerium weder diese noch andere weit näher liegende Erwägungen anzustellen geneigt war. Was von dieser „Militärconvention" bis jetzt auf ossiciellem Wege bekannt wurde, gibt die schmerzliche Ueberzeugung, daß die bestehende Regierung Preußens einen Fundamentalsatz des Staatsrcchts, die erste Pflicht und das erste Ehrenrecht der Landesregierung unbeachtet gelassen hat. Jede Regierung hat vor andern Aufgaben die, nach Kräften zu verhindern, daß in ihrem Lande bewaffnete Fremde Gewaltthat üben. Lange bevor die Anfänge von dem, was jetzt Völkerrecht heißt, niedergeschrieben waren, galt die Grenze für eine heilige Schranke, deren Überschreitung durch. Bewaffnete mit jedem Machtmittel abgewehrt werde müsse. Vermochte eine Regierung nicht das Eindringen fremder Bewaffneter zu verhindern oder zu strafen, so galt das von je für ein Zeichen ihrer Ohnmacht. Daß aber eine Negierung das eigene Land, den Grund, auf dem die Bürger wohnen, ihre Häuser, ihre Leiber, ihr Vermögen in irgend einer, wenn auch noch so beschränkten Ausdehnung, einer fremden Macht aus Discrction preisgibt, damit diese ihre Staalszwccke auf fremdem Boden durchsetzen könne, das ist ein Beginnen, welches nicht zahlreiche Vorgänge in der Geschichte hat, welches jedesmal der gefälligen Neuerung als Abhängigkeit und Würdelosigkeit gedeutet wurde, und welches dreizehn Jahre nach dem Tag von Ollmüh jedem Preußen, dem die Ehre seines Staats am Herzen liegt, heiße Nöthe in das Antlitz treibt. Und welcher Art sind die Fremden, denen man die Erenzkreise auf einer Strecke von 175 Meilen geöffnet hat? Verzweifelte Polen, trunkene, rachelustigc Russen. Die Negierung hat ihr eigenes Land in die Möglichkeit gesetzt, daß Gemetzel unter den Fremden die Saaten preußischer Bürger vernichtet , daß Menschenblut die Wände und Thüren unserer Häuser beschmutzt, daß Mord und rasendes Getümmel die Straßen der Grenzorte füllt. Sie, welche verständig Strafen ertheilen läßt, wenn Jemand in der Nähe der Dorfdcichcr nur einmal sein Gewehr losschießt, sie setzt Städte und Dörfer längs der ganzen Pvlcngrenze in die Gefahr, daß bewaffnete Fremdlinge im Getümmel ihre Gewehre in die Dächer, durch die Fenster preußischer Bürger abfeuern, daß Gewaltthat, Feuersbrunst, Raub und Mord auch an preußischen Bürgern innerhalb der Heimathgrenze mitten im Frieden verübt werde. Es ist eine elende Beschönigung durch die Regicrungs- prcsse, daß dergleichen nicht wahrscheinlich sei, es kann in jeder Nacht, an jedem Punkt der Grenze ein solcher Einbruch geschehen. Die völkerrechtliche Bestimmung, daß jeder bewaffnete Hause bei Überschreitung der Grenze seine Waffen